Brüssel (epd). Israels Staatspräsident Isaac Herzog hat in einer Rede vor dem Europäischen Parlament anlässlich des Internationalen Holocaust-Gedenktages am 27. Januar vor dem Antisemitismus der Gegenwart gewarnt. „Judenhass existiert weiter. Antisemitismus gibt es noch immer. Die Leugnung des Holocausts gibt es noch immer“, sagte Herzog während der Plenartagung am Donnerstag in Brüssel.
Herzog betonte, dass das Gedenken nicht in einem Blick auf die Vergangenheit verharren dürfe. Neue Studien würden zeigen, dass Antisemitismus erstarke und neue Formen annehme. Von einem viralen Video zu einer physischen Attacke sei es nicht weit, warnte er. „Und ich rufe Sie, die gewählten Vertreter Europas, auf: Sehen Sie nicht tatenlos zu. Sie müssen die Warnzeichen erkennen und Antisemitismus um jeden Preis bekämpfen.“
Er stehe als Präsident des Staates Israel vor den Abgeordneten des Europäischen Parlamentes, erklärte Herzog, „aber mein Herz und meine Gedanken sind bei meinen Brüdern und Schwestern, die im Holocaust ermordet wurden und deren einziges Verbrechen ihr Jüdischsein und ihre Menschlichkeit war.“ Nach der Ansprache Herzogs legten die Abgeordneten eine Schweigeminute ein.
Die Präsidentin des Europäischen Parlamentes, Roberta Metsola, hatte die feierliche Sitzung im Brüsseler Plenarsaal eröffnet. Jedes Jahr um den 27. Januar herum gedenke die Welt der Millionen unschuldigen Männer, Frauen und Kinder, die beim „größten Verbrechen der Geschichte“ ermordet worden seien. „Sechs Millionen jüdische Menschen wurden ermordet, weil sie Juden waren. Ein Verbrechen, das das europäische Projekt zur Verkörperung eines zeitlosen Versprechens gemacht hat: Nie wieder“, sagte sie.
Der Internationale Holocaust-Gedenktag am 27. Januar wurde 2005 von den Vereinten Nationen zum Gedenken an den Holocaust und den 60. Jahrestag der Befreiung des Konzentrationslagers Auschwitz-Birkenau eingeführt. Das Jahr 2023 markiert zusätzlich den 75. Jahrestag der Gründung des Staates Israel.
Isaac Herzog, 1960 in Tel Aviv geboren, wurde 2021 zum elften Staatspräsidenten Israels gewählt. Im Jahr 2003 gewann er erstmals einen Sitz in der Knesset und bekleidete seitdem mehrere Ministerämter. Im Jahr 2013 wurde Herzog zum Vorsitzenden der israelischen Arbeitspartei und im Juni 2018 zum Vorstandsvorsitzenden der Jewish Agency for Israel gewählt.