Berlin (epd). Der Bundestag hat die Gräueltaten der Terrormiliz Islamischer Staat (IS) an den Jesiden als Völkermord anerkannt. Das Parlament beschloss dazu am Donnerstag in Berlin fraktionsübergreifend und einstimmig einen Antrag der Fraktionen von SPD, Union, Grünen und FDP.
Die Bundesregierung wird darin aufgefordert, die Möglichkeit zu einer internationalen politischen Konferenz zur Sicherheit und zum Wiederaufbau der noch großteils zerstörten jesidischen Heimatorte am nordirakischen Sindschar-Gebirge zu prüfen. In Deutschland soll ein Archiv- und Dokumentationszentrum zu dem Thema gefördert werden sowie ein interdisziplinärer Lehrstuhl. In Asylverfahren soll die andauernde Verfolgung von Jesiden anerkannt werden.
Am 3. August 2014 hatte der IS jesidische Dörfer in der Sindschar-Region überfallen, Tausende Männer getötet und Frauen und Kinder verschleppt, unter anderem nach Syrien. Die Frauen und Mädchen wurden systematisch vergewaltigt. Etwa 2.700 Jesidinnen befinden sich Schätzungen zufolge noch immer in der Gewalt von Islamisten in der Region.
Laut deutschem Verfassungsschutz sind seit 2012 auch mehr als 1.050 Deutsche in die IS-kontrollierten Gebiete gereist, um für die Dschihadisten zu kämpfen. „Auch daraus leitet sich eine Verantwortung Deutschlands ab“, heißt es in dem Antrag.
Die Befassung des Parlaments geht auf eine Petition zurück. Im Petitionsausschuss sprach im Februar 2022 der jesidische Petent Gohdar Alkaidy über das Anliegen, die IS-Verbrechen als Völkermord anzuerkennen. Er verwies dabei auch auf die Tatsache, dass in Deutschland die größte jesidische Diaspora-Gemeinde weltweit beheimatet ist. Rund 200.000 Jesidinnen und Jesiden leben in der Bundesrepublik.