Wiesbaden (epd). Die im Jahr 2022 enorm gestiegene Inflationsrate von 7,9 Prozent ist nach Angaben des Statistischen Bundesamts vor allem auf Sondereffekte durch den Ukrainekrieg zurückzuführen. „Krisen- und kriegsbedingte Sondereffekte wie Lieferengpässe und deutliche Preisanstiege auf den vorgelagerten Wirtschaftsstufen prägten den gesamten Jahresverlauf“, erklärte die Präsidentin des Statistischen Bundesamts, Ruth Brand, am Dienstag in Wiesbaden. Im Jahr 2021 lag die Inflationsrate noch bei 3,1 Prozent. Der Ökonom Sebastian Dullien von der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung hält den Höhepunkt der Teuerungswelle für überschritten.
Treiber der Inflation waren nach Angaben des Bundesamts vor allem Energie, die sich im Jahresdurchschnitt um 34,7 Prozent verteuerte, und Nahrungsmittel, deren Preise im selben Zeitraum um 13,4 Prozent zulegten. Ohne Berücksichtigung von Energie und Lebensmittel habe die Inflationsrate nur bei 4,0 Prozent gelegen.
Die staatlichen Entlastungsmaßnahmen haben nach Brands Worten die hohen monatlichen Inflationsraten abgemildert. Das Bundesamt berichtete, zum Jahresende habe sich die Inflation wieder abgeschwächt, sei aber auf hohem Stand geblieben. Nachdem sie im Oktober zwischenzeitlich 10,4 Prozent erreicht habe, sei sie im Dezember auf 8,6 Prozent zurückgegangen.
Der wissenschaftliche Direktor des Instituts für Makroökonomie und Konjunkturforschung der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung, Sebastian Dullien, erwartet für 2023 langsamer steigende Preise als im Vorjahr. Für das laufende Gesamtjahr rechne sein Institut mit einer Teuerungsrate von etwas mehr als fünf Prozent, wobei die Inflationsrate zum Jahresende deutlich darunter liegen dürfte, sagte Dullien am Dienstag in Düsseldorf.
Einerseits seien die Großhandelspreise für Erdgas gesunken, erklärte der Wissenschaftler. Andererseits wirkten die staatlichen Preisbremsen. Dies werde in den kommenden Monaten die Zweitrundeneffekte mildern, also jene Kostenanstiege, die Unternehmen an ihre Kunden weitergeben. „Hier zeigt sich, dass die Entscheidung der Bundesregierung, dämpfend in die Preisbildung bei Strom, Gas und Wärme einzugreifen, richtig war“, sagte Dullien. Zudem seien die Preise für Lebensmittel auf dem Weltmarkt und im Großhandel bereits gefallen. Auch auf diesem Sektor werde der Preisanstieg für Verbraucher in den kommenden Monaten zurückgehen.