Frankfurt a.M. (epd). Der viel diskutierte Tempolimit-Beschluss hat in der evangelischen Kirche kaum unmittelbare Auswirkungen. Die evangelischen Landeskirchen setzen in der Regel auf die Eigenverantwortung ihrer Beschäftigten, eine verbindliche Anordnung zum langsameren Fahren gibt es bisher nicht, wie eine Umfrage des Evangelischen Pressedienstes (epd) unter den 20 Landeskirchen ergab. Die Synode der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) hatte bei ihrer Tagung Anfang November zu einem freiwilligen Tempolimit aufgerufen.
Um dem Auftrag der Kirche für die Bewahrung der Schöpfung gerecht zu werden, soll bei allen Pkw-Fahrten im kirchlichen Kontext ein Tempolimit von 100 km/h auf Autobahnen und 80 km/h auf Landstraßen eingehalten werden, heißt es in dem Beschluss der 13. EKD-Synode vom 9. November. Dazu ist eine öffentliche Kampagne für eine entsprechende Selbstverpflichtung geplant.
Der Beschluss sei eine ergänzende Maßnahme zu umfangreichen Klimaschutzmaßnahmen, die die EKD getroffen hat, sagte ein Sprecher des Zusammenschlusses der evangelischen Landeskirchen dem epd: „Dienstfahrten für die EKD sind generell mit öffentlichen Verkehrsmitteln zu absolvieren. Lediglich in begründeten Ausnahmefällen werden Fahrten mit dem Pkw genehmigt.“ Die EKD selbst beschäftigt keine Fahrer für Leitungspersonal.
In den Landeskirchen wird der Beschluss mehrheitlich begrüßt. Allerdings verfolgt man dort zumeist schon länger eigene Klimaschutzkonzepte, wie etwa in der Evangelischen Kirche von Westfalen. In der Evangelisch-lutherischen Landeskirche Hannovers werden Dienstfahrten nur in begründeten Ausnahmefällen mit dem Pkw genehmigt. Mitarbeitenden stehen zudem E-Autos sowie Dienstfahrräder zur Verfügung.
Konkreten Handlungsbedarf sehen die meisten Landeskirchen nicht. Die Evangelische Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz (EKBO) hat den Beschluss „aufmerksam und mit Freude zur Kenntnis genommen, aber bisher noch keinen eigenen Aufruf an die Mitarbeitenden gestartet. Wir warten noch auf den Kampagnenstart der EKD“, erklärte eine Sprecherin. Zur Kenntnis genommen haben den Beschluss die Evangelisch-reformierte Kirche und die Landeskirchen in Sachsen.
Es gibt aber auch deutliche Kritik. Der württembergische Landesbischof Ernst-Wilhelm Gohl sagte der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“, er halte sich nicht an das Tempolimit für Kirchenleute. „Solche Vorschriften sind nicht die Aufgabe der Kirche“, sagte Gohl.
In den Landeskirchen stehen allenfalls für Leitende Geistliche wie Bischöfinnen und Bischöfe eigene Fahrer zur Verfügung. In der badischen Kirche etwa und der Nordkirche gibt es keine entsprechende Anweisung an Fahrer des Leitungspersonals. Dagegen hat die Evangelische Kirche in Hessen und Nassau einen „Richtwert“ von Tempo 100 bis 120 km/h an die Fahrer ausgegeben, aber nicht an alle Beschäftigten.
In den meisten Landeskirchen wie etwa denen von Kurhessen-Waldeck und Anhalt legt man die Umsetzung im Sinne der Selbstverpflichtung in die Hand der jeweiligen Fahrenden. In der rheinischen Landeskirche sind die Fahrer gehalten, möglichst nicht schneller als 100 km/h auf Autobahnen und 80 km/h auf Landstraßen zu fahren, „ohne dabei andere zu behindern“.
Auch die Größe der Landeskirchen spielt beim Thema Tempolimit eine Rolle. In Kirchen mit großen Flächen und langen Wegen wie etwa in Hannover, Westfalen, dem Rheinland und Württemberg sowie der Evangelischen Kirche in Mitteldeutschland (EKM) oder der ostdeutschen EKBO sind die Leitenden Geistlichen auf ein Auto angewiesen.
Aus Bayern heißt es, wenn Landesbischof Heinrich Bedford-Strohm mit dem Auto unterwegs ist, orientiert er sich an dem empfohlenen Tempolimit. Einen Großteil der Fahrten mache er allerdings nicht mit dem Auto, sondern mit der Bahn - „oder in München mit dem Fahrrad.“
Der Leitende Geistliche der Bremischen Evangelischen Kirche (BEK), Pastor Bernd Kuschnerus, erklärte, dass es in seiner Landeskirche keinen Dienstwagen für die Leitung gibt und „ich in einer so kleinen Stadtkirche ohnehin niemals schneller als mit Tempo 50 unterwegs bin“.