Menschenrechtler: Mädchen droht in den Weihnachtsferien Beschneidung

Menschenrechtler: Mädchen droht in den Weihnachtsferien Beschneidung
23.12.2022
epd
epd-Gespräch: Birte Mensing

Nairobi (epd). Mit den Weihnachtsferien beginnt nach Erfahrung von Menschenrechtlern oft die Zeit, in der Mädchen beschnitten werden. Das geschehe beispielsweise in einigen Teilen Kenias, erklärt Tobias Marwa von der Organisation Zinduka im Gespräch mit dem Evangelischen Pressedienst (epd). Das Zinduka-Team setzt sich in der südkenianischen Region Kuria für ein Ende der Genitalverstümmelung ein.

Obwohl die Beschneidung von Mädchen in Kenia seit 2011 illegal ist, praktizieren Gemeinschaften in 22 Regionen den Initiationsritus, der schwere gesundheitliche, psychische und soziale Folgen haben kann. In Kuria sind mehr als 80 Prozent der Frauen beschnitten, jedes Jahr kommen tausende Mädchen im Alter von neun bis 18 Jahren dazu.

Um Mädchen vor der Genitalverstümmelung zu schützen, bietet Zinduka ein sogenanntes Safe Camp an. Dort werden sie aufgenommen, solange die Beschneidungsrituale laufen. Aktuell seien dort bereits 142 Mädchen beherbergt. „Es gibt mehr Bedarf, als wir mit unseren Ressourcen stemmen können“, sagt Marwa. Finanziert wird die Arbeit durch Spenden und Fördergelder, auch aus Deutschland, wo Zinduka einen Partnerverein hat.

In den vergangenen Jahren nehme die Zahl der Genitalverstümmelungen zwar langsam ab, beobachtet Marwa. Aber die Zeremonien fänden nun oft versteckt statt. Problematisch sei auch, dass die Altersgrenze immer weiter nach unten verschoben werde. Die Mädchen würden immer jünger beschnitten - und dann auch immer früher verheiratet.

Um dem entgegenzuwirken, arbeitet das Zinduka-Team auch eng mit den Familien zusammen, bindet sie in die Arbeit ein. Die Mädchen und auch die Eltern werden über ihre Rechte, die Gesetze und die gesundheitlichen Folgen von Genitalverstümmelung aufgeklärt. Doch selbst wenn die Eltern aufseiten der Mädchen sind, sei der Druck von der Gemeinschaft oft immens, sagt Marwa. Deswegen sei es so wichtig, mit lokalen Autoritäten zusammenarbeiten. Da die Beschneidung teils auch spiritueller Ritus sei, seien Erklärungen der Autoritäten wichtig, dass sich die Tradition ändern kann, ohne böse Geister auf sich zu ziehen.

Mittlerweile gebe es eine gute Zusammenarbeit mit den Behörden und der Polizei. Doch es gebe zu wenig Polizistinnen und Polizisten für eine systematische Verfolgung. „Die Polizei ist engagiert, aber überfordert“, sagt Marwa.

Auch mit Radioprogrammen bei lokalen Sendern versucht Zinduka, aufzuklären und die Überzeugung der Gemeinschaften zu ändern. So erzählen dort Frauen, die früher Beschneidungen gemacht haben, warum sie von der Praxis Abstand genommen haben. Oder Angehörige des Ältestenrates sprechen sich gegen die Beschneidung von Mädchen aus und klären über die drohenden Gefängnisstrafen auf.