Berlin (epd). Das überdurchschnittliche Bildungsniveau der ukrainischen Kriegsflüchtlinge trägt einer Studie zufolge zu deren zügiger Integration in Deutschland bei. Der Anteil der Befragten mit einem Hochschulabschluss oder vergleichbaren Abschlüssen liegt einer am Donnerstag in Berlin vom Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung (BiB) vorgelegten Umfrage zufolge bei 72 Prozent. In der Ukraine liegt der Wert den Angaben zufolge bei 50 Prozent.
Knapp ein Fünftel der nach Deutschland geflüchteten Menschen aus der Ukraine ist demnach bereits berufstätig. Die Hälfte der rund 11.000 befragten Ukrainerinnen und Ukrainern besucht einen Sprachkurs.
Die Umfrage ergab, dass 60 Prozent der Menschen in einer eigenen Wohnung lebten. Überraschend sei, dass lediglich neun Prozent der Befragten in Gemeinschaftsunterkünften untergebracht seien, sagte die Direktorin des Bundesinstituts für Bevölkerungsforschung, Christa Katharina Spieß. Die Mehrheit der Geflüchteten habe ihren Wohnort frei gewählt. Die Daten belegten, dass es Kindern besser gehe, wenn sie Kitas und Schulen besuchten und wenn die Eltern die Absicht äußerten, in Deutschland bleiben zu wollen.
Vier Fünftel der erwachsenen Geflüchteten sind den Angaben zufolge Frauen. Knapp die Hälfte von ihnen lebt mit minderjährigen Kindern. In mehr als 90 Prozent der Familien mit Kindern im schulpflichtigen Alter besucht mindestens ein Kind eine Schule in Deutschland. Sechs Monate nach dem Zuzug nach Deutschland waren demnach 24 Prozent der Männer, aber lediglich 16 Prozent der Frauen erwerbstätig. Bei Frauen spielt eine wichtige Rolle, ob Kleinkinder einen Betreuungsplatz haben.
Vor dem Hintergrund von Erfahrungen mit dem Flüchtlingszustrom von 2015 riet Herbert Brücker vom Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) von der Anwendung des Königsteiner Schlüssels ab. Die Aufteilung der Geflüchteten auf die Bundesländer habe damals zu negativen Folgen geführt: „Diejenigen, die sich frei ihren Wohnort wählen konnten, haben eine höhere Erwerbstätigkeitswahrscheinlichkeit.“
Die überwiegende Mehrheit der Befragten (76 Prozent) habe sich bei ihrer Ankunft in Deutschland willkommen gefühlt, sagte Nina Rother vom Forschungszentrum im Bundesamt für Migration und Flüchtlinge. Ein Drittel habe angegeben, Deutschland nach Kriegsende verlassen zu wollen, ein Viertel wolle für immer und 13 Prozent für mehrere Jahre bleiben. Die überwiegende Mehrheit der Befragten (88 Prozent) gab demnach an, weiterhin Bedarf an Beratung und Unterstützung zu haben.
Das Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung legte die Studie „Geflüchtete aus der Ukraine in Deutschland. Flucht, Ankunft und Leben“ gemeinsam mit dem Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung sowie dem Forschungszentrum im Bundesamt für Migration und Flüchtlinge vor. Das Institut für angewandte Sozialwissenschaft (infas) befragte dafür zwischen August und Oktober 2022 11.225 ukrainische Staatsangehörige im Alter von 18 bis 70 Jahren, die seit dem 24. Februar nach Deutschland zugezogen waren. Der Fragebogen auf Russisch und Ukrainisch konnte sowohl online als auch auf Papier ausgefüllt werden.