Hildesheim (epd). Warum essen die Deutschen an Heiligabend so gern Kartoffelsalat mit Bockwurst? Guido Fuchs, Leiter des Hildesheimer Instituts für Liturgie- und Alltagskultur, befragt seit Jahren Menschen zu ihren Gewohnheiten an Festtagen. Der Forderung, dass Christen an Weihnachten vegetarische oder vegane Kost zu sich nehmen müssten, erteilt der 69-Jährige im Gespräch mit dem Evangelischen Pressedienst (epd) eine Absage.
epd: Eine aktuelle Befragung des Lebensmittelverbands hat auch für dieses Jahr bestätigt: An Heiligabend wollen die meisten Deutschen Bockwurst mit Kartoffelsalat essen. Das Schenken steht an Heiligabend im Vordergrund, Essen sorgt eher für Verzögerung als für Verzückung. Spielt das bei der Entscheidung für die Bockwurst eine Rolle?
Guido Fuchs: Der Volkskundler Utz Jeggle hat das einmal sehr passend beschrieben: In Deutschland feiert man Weihnachten eben mit Blockflöten und Saitenwürsten. Man muss das aber erst einmal auseinanderhalten: Die Wurst gehört zu Heiligabend. Zu den Weihnachtstagen gibt es dann eher Braten, also etwas deutlich Festlicheres. Tatsächlich hat jemand mal gesagt, dass einfache Gerichte die Möglichkeit bieten, gleichzeitig zu essen und Geschenke auszupacken. Man kann so zwei schöne Dinge miteinander verbinden.
epd: Sollten Christen mit Blick auf die gequälte Kreatur sich nicht zumindest an Weihnachten vegan oder wenigstens vegetarisch ernähren?
Fuchs: Für mich ist das eine grundsätzliche Haltungsfrage und keine religiöse. Verantwortungsvoll mit Gottes Schöpfung und Geschöpfen umgehen, das sollte doch eine Selbstverständlichkeit sein. Wir haben als Christen aber keine Essregeln wie im Judentum, wo alles klar definiert ist. Unsere Freiheit setzt deshalb viel Verantwortung voraus. Man sollte sich Gedanken machen um das, was man isst.
epd: Gibt es eigentlich historische Hinweise darauf, ob Jesus selbst vegetarisch gelebt hat?
Fuchs: Zumindest Fisch hat er gegessen. Im Lukas-Evangelium steht, dass Jesus nach der Auferstehung den Jüngern erscheint und etwas zu essen haben will. Dann geben ihm die Jünger - ich zitiere: „ein Stück gebratenen Fisch und er aß es vor ihren Augen“. Er gibt den Jüngern zudem am Gründonnerstag den Auftrag, einen Raum herzurichten, um gemeinsam das Passahlamm zu essen. Es steht aber nirgends, dass Jesus auch wirklich von dem Lamm isst. Was er tatsächlich gegessen hat, wissen wir also schlicht nicht. Das gemeinsame Essen - auch und gerade mit den Menschen am Rande - war Jesus aber definitiv wichtig: Er vergleicht das Reich Gottes immer wieder mit einem Mahl und hat seine Botschaft auch oftmals beim Essen verkündet. Ebenfalls im Lukas-Evangelium heißt es sogar, dass die Leute ihn abschätzig einen Fresser und Säufer nennen.