Mölln (epd). In Mölln ist am Mittwoch der Opfer der rechtsextremistischen Brandanschläge vor 30 Jahren gedacht worden. Schleswig-Holsteins Integrationsministerin Aminata Touré (Grüne) rief während einer Gedenkveranstaltung zu mehr Entschlossenheit im Kampf gegen Rassismus auf, wie das Integrationsministerium mitteilte. „Wir dürfen in unserem Bemühen für eine diskriminierungsfreie Gesellschaft keine Sekunde nachlassen“, sagte sie. Touré nahm gemeinsam mit Ibrahim und Faruk Arslan, die die Anschläge überlebt hatten, sowie Vertreterinnen und Vertretern aus Politik und Gesellschaft an einem Gottesdienst teil. Auch im Kieler Landtag gedachten Menschen der Opfer von Mölln.
„Mölln war und ist eine offene Wunde in der Geschichte dieses Landes“, sagte Touré laut Ministerium. Die rassistischen Brandanschläge seien eine Mahnung und zugleich Verpflichtung für alle Menschen in Schleswig-Holstein, sich gegen Rassismus einzusetzen. Die Erinnerung müsse in erster Linie aus der Perspektive der Opfer und ihrer Angehörigen erfolgen, so die Ministerin.
„Extremismus hat in unserem Land immer noch zu viele böse Gesichter“, hieß es vom Vorsitzenden der Landes-Arbeitsgemeinschaft der freien Wohlfahrtsverbände Schleswig-Holstein, Michael Saitner. Trotz Mahnungen und Erinnerungen würden wieder Flüchtlingsheime brennen, würden Menschen wegen ihrer Herkunft oder Religion bedroht, so Saitner. Der Landesvorsitzende der Türkischen Gemeinde Schleswig-Holstein, Cebel Küçükkaraca, beklagte in Kiel, Betroffene würden noch heute zu häufig allein gelassen oder sie erführen zu wenig Unterstützung.
Der schleswig-holsteinische Diakonie-Vorstand und Landespastor Heiko Naß erinnerte anlässlich des Mölln-Jahrestags an noch heute vielerorts anzutreffenden Alltagsrassismus: „Menschen werden bei der Wohnungssuche oder auf dem Arbeitsmarkt benachteiligt, weil sie eine andere Hautfarbe oder einen fremdländisch klingenden Namen haben“, sagte er in Rendsburg. Durch die Krisen der letzten Jahre hätten zudem die Risse in der Gesellschaft zugenommen. „Das dürfen wir nicht länger mehr hinnehmen“, so Naß. Jeder müsse Rassismus entschieden entgegentreten, „sei es am Arbeitsplatz, im Verein oder in der Familie“.
Am 23. November 1992 hatten zwei Skinheads Molotow-Cocktails in zwei Häuser geworfen, in denen türkische Familien wohnten. Die 51-jährige Bahide Arslan, ihre Enkelin Yeliz (10) und ihre Nichte Ayse (14) kamen dabei ums Leben. Neun andere Menschen wurden verletzt. Die Täter wurden zu mehrjährigen Freiheitsstrafen verurteilt, inzwischen sind beide wieder auf freiem Fuß. Die Anschläge waren Teil einer Serie von Angriffen gegen Zuwanderer Anfang der 90er Jahre.