Bonn (epd). Die katholischen deutschen Bischöfe haben eine Neufassung des kirchlichen Arbeitsrechts verabschiedet. Danach soll sich das Beziehungsleben und die Intimsphäre von Arbeitnehmern künftig dem Zugriff des Dienstgebers entziehen, erklärte die katholische Deutsche Bischofskonferenz am Dienstag in Bonn. Der Caritasverband, das Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK), Politiker sowie Vertreterinnen und Vertreter christlicher Gruppen aus dem LSBTTIQ-Spektrum begrüßten die Novelle. Die Vertreter von lesbischen, schwulen, bisexuellen, transidenten, transsexuellen, intersexuellen und queeren Gläubigen forderten zugleich eine konsequente Umsetzung.
Bislang dürfen katholische Arbeitnehmer in der Regel keine gleichgeschlechtliche Ehe schließen und unter Umständen nach einer Scheidung nicht wieder heiraten. Als „überfälligen Schritt“ würdigte ZdK-Präsidentin Irme Stetter-Karp die Neufassung der Grundordnung. Entscheidend sei die nun vorbehaltlose Akzeptanz der sexuellen Identität kirchlicher Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im kirchlichen Arbeitsrecht.
Mechthild Heil, Bundesvorsitzende der Katholischen Frauengemeinschaft Deutschlands (kfd) bezeichnete die Reform als „wichtigen Meilenstein“ für alle Angestellten in der Kirche: „Nun muss niemand mehr seine sexuelle Identität verstecken. Endlich ist auch die katholische Kirche im Hier und Jetzt angekommen.“
Auch die Grünen-Bundestagsabgeordnete Lamya Kaddor, Sprecherin für Innen- und Religionspolitik ihrer Fraktion, begrüßte die Neuordnung: „Damit werden insbesondere Menschen in gleichgeschlechtlichen Ehen, queere Mitarbeiter:innen und Wiederverheiratete von der bisher drohenden Kündigung endlich befreit.“
Das Regenbogenforum, die Vertretung christlicher Gruppen aus dem LSBTTIQ-Spektrum, erklärte: „Damit haben queere Beschäftigte der katholischen Kirche endlich die Rechtssicherheit, dass ihr Privatleben keine Kündigung nach sich zieht. Eine Heirat ist in Zukunft kein Kündigungsgrund mehr.“
Der Austritt aus der katholischen Kirche bleibt dagegen - abgesehen von Ausnahmefällen - wie in der bisherigen Fassung der Grundordnung ein Einstellungshindernis, beziehungsweise ein Kündigungsgrund. „Auch eine kirchenfeindliche Betätigung steht einer Einstellung bzw. Weiterbeschäftigung entgegen“, so die Bischofskonferenz. Die Religionszugehörigkeit dagegen sei nach neuem Recht nur dann ein Kriterium bei der Einstellung, wenn sie für die jeweilige Position erforderlich ist.
Die Dienstleistungsgewerkschaft ver.di kritisierte die neue Grundordnung mit Blick auf das Kündigungsrecht. Glaube sei eine sehr persönliche Angelegenheit, „es darf doch nicht sein, dass man als Krankenschwester im Krankenhaus oder als Erzieherin in der Kindertagestätte seine Stelle verliert, wenn man sich entscheidet, nicht mehr einer Kirche anzugehören“, erklärte ver.di-Bundesvorstandsmitglied Sylvia Bühler.
Der Deutsche Caritasverband erklärte, mit der Reform „werden die arbeitsrechtlichen Rahmenbedingungen für die rund 700.000 Beschäftigten der Caritas ebenso wie für die ca. 90.000 Beschäftigten in den Ordinariaten, katholischen Schulen und bei anderen katholischen Trägern in Deutschland grundlegend modernisiert“. Die Reform sei „dringend überfällig“, so Caritas-Präsidentin Eva Maria Welskop-Deffaa.
Der Beschluss der Vollversammlung des Verbandes der Diözesen Deutschlands (VDD) hat den Angaben zufolge empfehlenden Charakter. Um Rechtswirksamkeit zu entfalten, muss er laut Bischofskonferenz in den einzelnen Bistümern und Erzbistümern in diözesanes Recht umgesetzt werden.