Düsseldorf, Köln (epd). Nach der Aufnahme von Ermittlungen gegen den Kölner Erzbischof Rainer Maria Woelki wegen möglichen Meineids dringen Laienvertreter und Reformgruppen auf eine Entscheidung über die Zukunft des Kardinals. Die Sprecherin der Reforminitiative Maria 2.0, Maria Mesrian, nannte die jüngste Entwicklung in der Düsseldorfer „Rheinischen Post“ (Freitag) einen „absoluten Tiefpunkt“. „Der Kardinal sollte so viel Gespür für die verfahrene Situation im Bistum haben und seine Ämter vorläufig ruhen lassen“, sagte sie der Zeitung.
Die Staatsanwaltschaft Köln ermittelt gegen Woelki wegen des Verdachts einer falschen eidesstattlichen Versicherung. Es geht um die Frage, wann er von mutmaßlichen Missbrauchstaten von Winfried Pilz, dem früheren Präsidenten des Kindermissionswerks „Die Sternsinger“, wusste. Woelki hatte eidesstattlich versichert, er habe erst Ende Juni dieses Jahres davon erfahren.
Die frühere Assistentin des Personalchefs im Erzbistum, Hildegard Dahm, stellt dies infrage. Sie habe bereits ein Vierteljahr nach dem Amtsantritt Woelkis eine Liste mit den Namen von Pilz und 13 weiteren mutmaßlichen Missbrauchstätern erstellt, die dem Kardinal Anfang 2015 vorgelegt worden sei. Das Erzbistum Köln beharrt dagegen darauf, dass Woelki die Akte nicht gekannt und es für ihn auch keinen erkennbaren Grund gegeben habe, diese anzufordern. Es würden arbeitsrechtliche Schritte gegen Dahm erwogen.
Für den Vorsitzenden des Diözesanrats im Erzbistum, Tim Kurzbach, „bricht jetzt ein Kartenhaus von Unwahrheiten zusammen“. Eine der „schrecklichen Erkenntnisse“ sei, das Kardinal Woelki als selbsternannter Aufklärer zugebe, eine Liste mit aktiven Missbrauchstätern nicht beachtet zu haben, „nur um sich selbst zu verteidigen“, sagte er der Zeitung. Zudem werde eine Frau, die nach intensivem Ringen mit ihrem Gewissen eine Wahrheit ausgesprochen habe, in einer ersten Reaktion vom Erzbistum bedroht. „Das sind Dinge, die für mich mit Christlichkeit nichts mehr zu tun haben“, erklärte der Chef des Laiengremiums im Erzbistum Köln und Oberbürgermeister von Solingen.
Konsequenzen fordert auch das Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK). „Ein Ende mit Schrecken statt ein Schrecken ohne Ende wäre in Köln längst angeraten gewesen“, sagte ZdK-Präsidentin Irme Stetter-Karp der „Rheinischen Post“. Die jüngste Entwicklung sei „nur ein weiterer Punkt in einer langen Reihe von verstörenden Ereignissen“.
Dass die Staatsanwaltschaft gegen Woelki ermittle und ihn eine Mitarbeiterin schwer belaste, wertet Stetter-Karp als „unerträgliche Situation, denn wir wissen alle, dass das Vertrauensband zwischen dem Kardinal und den Gläubigen in der Erzdiözese Köln seit langem überstrapaziert wird“. Es sei Sache des Papstes, zu entscheiden, ob Woelki weiter im Amt bleibe oder nicht, sagte die Präsidentin des obersten Laiengremiums der deutschen Katholiken. „Bislang hat er ihn weiter amtsverpflichtet. Das muss ich zur Kenntnis nehmen.“