Köln (epd). Eine frühere Mitarbeiterin der Personalabteilung des Erzbistums Köln belastet Erzbischof Rainer Maria Woelki und stellt seine eidesstattlichen Versicherungen zum Missbrauchsfall Winfried Pilz infrage. In einem Interview mit dem „Kölner Stadt-Anzeiger“ (Mittwoch) schildert die frühere Assistentin des Personalchefs, dass sie Anfang 2015, etwa ein Vierteljahr nach Amtsantritt des Erzbischofs, eine Liste mit Missbrauchstätern zu damals aktuellen Fällen erstellt habe. „Auf dieser Liste standen 14 Namen, einer davon war Winfried Pilz“, sagte Hildegard Dahm, die bis 2017 in der Personalabteilung des Erzbistums tätig war.
Der Zeitung liegt nach eigenen Angaben eine Kopie dieser Liste vor. Woelki hatte in den vergangenen Monaten zwei eidesstattliche Versicherungen abgegeben, wonach er erst in der vierten Juniwoche 2022 mit dem Fall Pilz befasst worden sein soll. „Das ist nicht wahr“, sagte Dahm nun der Zeitung. Es könne zwar sein, dass sich Woelki damals das Blatt mit den Namen, das sie für ein Arbeitstreffen Anfang 2015 erstellte, nicht angeschaut habe, sagte Dahm, „aber befasst habe ich ihn damit. Ganz eindeutig“. Die Liste habe ihr damaliger Chef mit in das Gespräch genommen und ihr am Anschluss auf Nachfrage mitgeteilt, dass die Liste den Kardinal nicht interessiert habe.
Pilz, der lange Jahre Präsident des katholischen Kindermissionswerks „Die Sternsinger“ war, leitete zuvor, von 1972 bis 1989, die Jugendbildungsstätte Haus Altenberg in der Nähe von Köln. Er galt als führende Figur in der Jugendseelsorge. Bereits in den 1970er Jahren soll Pilz einen schutzbedürftigen jungen Erwachsenen sexuell missbraucht haben.
Im Februar 2014 wurde dem im Ruhestand befindlichen Pilz ein Strafdekret übermittelt, das ihm Kontakt mit Minderjährigen verbot und ihn zu Zahlungen an den Betroffenen verpflichtete. Im Dezember 2018 wurden die Akten nachträglich der Staatsanwaltschaft übergeben. Bis zu seinem Tod 2019 lebte Pilz im Bistum Dresden-Meißen.