Frankfurt a.M. (epd). Die 89 von der „Rise Above“ im Mittelmeer geretteten Flüchtlinge sind in Italien von Bord gegangen. Alle Menschen hätten in Reggio Calabria das Schiff verlassen, erklärte die Organisation Mission Lifeline, die das Schiff betreibt, am Dienstag. Am Montag hatten die italienischen Behörden der Besatzung den süditalienischen Hafen zugewiesen, nachdem die Geretteten vier Tage in dem völlig überfüllten Rettungsschiff ausharren mussten.
Auf anderen Rettungsschiffen im Mittelmeer warteten weiter hunderte Flüchtlinge auf die Erlaubnis, an Land gehen zu können. So erklärte der internationale Verbund SOS Méditerranée, die Situation für 234 Gerettete auf der „Ocean Viking“ sei unerträglich. Nach bis zu 17 Tagen an Bord litten einige von ihnen unter psychischen Problemen wie Schlaflosigkeit, Angst und Depression. „Das Team versichert den Überlebenden, dass sie sicher an Land gehen werden, aber mit anhaltender Unsicherheit schwindet die Hoffnung.“
Auch warteten nach wie vor einige der Menschen, die von der „Humanity 1“ und der „Geo Barents“ aus Seenot gerettet wurden, auf eine Entscheidung der Behörden. Zwar konnten von beiden Schiffen zahlreiche Gerettete in den vergangenen Tagen im Hafen der sizilianischen Stadt Catania an Land gehen, allerdings nur vulnerable Gruppen wie Kinder, Frauen und Kranke. Deshalb befinden sich auf der „Humanity 1“ der Organisation SOS Humanity noch 35 Flüchtlinge und auf der „Geo Barents“ von „Ärzte ohne Grenzen“ 214 Geflohene.
Die Forderung Italiens an die Rettungsorganisationen, die Menschen wieder in internationale Gewässer zu bringen, ist nach Einschätzung von „Human Rights Watch“ rechtswidrig. Die Vorgehensweise der italienischen Regierung sei brutal und liefere die Überlebenden Misshandlungen in Libyen aus, wo ihnen weiteres Leid drohe, erklärte die Menschenrechtsorganisation. Damit verweigerten ihnen die Behörden das Recht darauf, um Asyl zu bitten und verstießen gegen italienisches und internationales Recht. „Niemand sollte vorsätzlich erniedrigenden Bedingungen ausgesetzt werden, und jeder sollte die Möglichkeit haben, von Bord zu gehen und in einem fairen Verfahren seinen Anspruch auf internationalen Schutz geltend zu machen“, betonte Giulia Tranchina von „Human Rights Watch“.
Im Mittelmeer gibt es keine staatlich organisierte Seenotrettung. Lediglich private Initiativen halten nach Flüchtlingen in Seenot Ausschau. Immer wieder müssen die Geretteten tagelang warten, bis sie einen Hafen zugewiesen bekommen. Die neue rechtsnationalistische Regierung in Italien hat den Kurs gegen private Seenotretter bereits direkt nach ihrer Amtsübernahme vor etwas mehr als zwei Wochen deutlich verschärft. Bei der Überquerung des Mittelmeers kamen laut der Internationalen Organisation für Migration (IOM) in diesem Jahr 1.891 Flüchtlinge und Migranten ums Leben oder werden vermisst. Die Dunkelziffer dürfte viel höher liegen.