Berlin (epd). Der Direktor der LutherMuseen, Stefan Rhein, hat sein Votum für einen Verbleib des „Judensau“-Reliefs an der Wittenberger Stadtkirche bekräftigt. „Geschichte kann nicht entsorgt werden“, sagte Rhein dem Magazin „Zeitzeichen“ in einem Montag online veröffentlichten Interview: „Das Relief abzunehmen, macht nichts besser.“
„Ich habe immer dafür plädiert, dieses Schandmal an seinem Ort zu belassen, und bleibe dabei“, fügte Rhein hinzu. Der Wittenberger Gemeindekirchenrat hatte am vergangenen Dienstag nach jahrelangem Streit beschlossen, dass die judenfeindliche Schmähplastik aus dem Mittelalter an Martin Luthers Predigtkirche nicht entfernt werden, sondern als Mahnstätte und Lernort erhalten bleiben soll.
Diese Gemeinde habe sich vor allen anderen in Deutschland mit dem Schandmal beschäftigt und die damit verbundene Schuld sichtbar gemacht, sagte Rhein: „Es gab hier schon 1988 eine Ausstellung über jüdisches Leben und Antisemitismus in Wittenberg zur Zeit des Nationalsozialismus.“ Wer diese Gemeinde, die sich dieser Schuld unter schwierigen politischen Vorzeichen gestellt habe, auf die Anklagebank setzen will, sollte diese Vorgeschichte nicht außer Acht lassen.
Inwieweit das Ensemble erweitert oder neugestaltet werden könne, „steht auf einem anderen Blatt“, erklärte Rhein: „Es bleibt eine offene Wunde in der Geschichte, die wir nicht verstecken können und mit der wir uns immer wieder auseinandersetzen müssen.“
Das als „Judensau“ bekannte Sandsteinrelief wurde um das Jahr 1290 an der Südfassade der Stadtkirche Wittenberg angebracht. Die Schmähplastik zeigt eine Sau, an deren Zitzen sich Menschen laben, die Juden darstellen sollen. Ein Rabbiner blickt dem Tier unter den Schwanz und in den After. Schweine gelten im Judentum als unrein.