Brasilien stimmt in Stichwahl über neuen Präsidenten ab

Brasilien stimmt in Stichwahl über neuen Präsidenten ab

Frankfurt a.M., São Paulo (epd). In Brasilien war die Bevölkerung am Sonntag zu einer als wegweisend geltenden Präsidentenwahl aufgerufen. Etwa 156 Millionen Brasilianerinnen und Brasilianer konnten bei der Stichwahl zwischen dem rechtspopulistischen Amtsinhaber Jair Bolsonaro und dem linksgerichteten Ex-Präsidenten Luiz Inácio Lula da Silva entscheiden. Der Ausgang der von Fake-News-Kampagnen und Diffamierungen geprägten Wahl galt als völlig offen. Mit Ergebnissen wurde in der Nacht auf Montag gerechnet.

Lula, der Brasilien von 2003 bis 2011 regierte, hatte die erste Wahlrunde vor vier Wochen knapp gewonnen. Umfragen vor der Stichwahl sahen Lula bei etwa 50 Prozent und Bolsonaro bei rund 44 Prozent der Stimmen. Allerdings hatten die Meinungsforschungsinstitute in der ersten Wahlrunde Anfang Oktober einen deutlichen Sieg für Lula vorausgesagt, der so nicht eintrat.

Lula will das Sozialsystem „Bolsa Família“ für arme Familien ausbauen und verspricht eine Steuerreform, die Gutverdiener mehr belastet. Zudem hat er vor, den illegalen Bergbau in der Amazonas-Region entschieden zu bekämpfen und den Schutz von indigenen Gebieten zu verstärken.

Vor vier Jahren hatte Bolsonaro mit dem Versprechen gewonnen, Brasilien von der Geißel der Korruption zu befreien, die Arbeitslosigkeit zu senken und die Wirtschaft anzukurbeln. Damit zog er die Elite des Landes, Unternehmer, aber auch viele einfache Menschen auf seine Seite. Vor der Wahl stellte er das elektronische Wahlsystem infrage und provozierte mit Behauptungen über Wahlbetrug.

Lula wurde vor der Wahl 2018 wegen Korruption und Geldwäsche zu einer Gefängnisstrafe verurteilt. Er selbst nannte seine Verurteilung politisch motiviert. 2021 erhielt er sämtliche politischen Rechte zurück, nachdem der Oberste Gerichtshof die Urteile gegen ihn aufgehoben hatte.