Berlin (epd). Der Berliner Migrationsforscher Gerald Knaus hat eine bessere Verteilung ukrainischer Flüchtlinge in der Europäischen Union angemahnt. In dieser Frage sei die EU bislang kaum vorangekommen, sagte der Chef der Denkfabrik European Stability Initiative der „Berliner Zeitung“ (Freitag).
Tschechien oder Polen hätten im Vergleich zu Frankreich oder Spanien enorm viele Menschen aufgenommen. Das liege aber nicht an einem Versagen der EU oder der Nationalstaaten, sagte Knaus: „Ukrainer genießen seit 2017 Visafreiheit.“ Sie könnten sich also selbst aussuchen, in welches Land sie flüchten. Angesichts eines möglicherweise bevorstehenden „historischen Fluchtwinters“ brauche es endlich mehr Verteilung unter den Mitgliedstaaten, sagte der Migrationsforscher.
Zugleich forderte Knaus, dass Flüchtlinge besser darüber informiert werden sollten, welche Möglichkeiten ihre Zielländer bieten. Auch zivilgesellschaftliche Gruppen könnten diese Informationsarbeit übernehmen. So habe etwa eine Ukrainerin aus Odessa derzeit in Italien bessere Chancen, eine Gastfamilie zu finden: „Ihr Kind kann schnell in die Schule.“ Das müsse sie aber wissen, „bevor sie den Zug nach Stuttgart besteigt. Dort gibt es kaum noch Möglichkeiten zur Unterbringung“, sagte Knaus.
Eine Belastung durch steigende Flüchtlingszahlen entstehe „fast ausschließlich durch den Krieg in der Ukraine“. „Weder auf der Balkanroute noch über das Mittelmeer kommen dagegen signifikant viele Geflüchtete. Da wiederholt sich kein 2015“, sagte Knaus.