Urteil: Regierung muss über EU-Maßnahmen gegen Schlepper informieren

Urteil: Regierung muss über EU-Maßnahmen gegen Schlepper informieren

Karlsruhe (epd). Der Bundestag muss frühzeitig und umfassend von der Bundesregierung über EU-Maßnahmen gegen Schlepper im Mittelmeer informiert werden. Dem sei die Bundesregierung 2015 bei der vom EU-Rat beschlossenen Militäroperation „Sophia“ zur Bekämpfung von Schleppern im Mittelmeer in verfassungswidriger Weise nicht nachgekommen, urteilte am Mittwoch das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe. (AZ: 2 BvE 3/15 und 2 BvE 7/15)

In einem zweiten Verfahren rügte das Gericht, dass das Bundeskanzleramt ohne ausreichende Begründung ein Schreiben des türkischen Ministerpräsidenten Ahmet Davutoglu an Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) den Abgeordneten vorenthalten hat.

Vor Gericht waren die Bundestagsfraktionen der Grünen und der Linken gezogen. Im ersten Verfahren ging es um die vom EU-Rat beschlossene Militäroperation „Sophia“ gegen Schlepper im Mittelmeer. Die Bundesregierung hatte es abgelehnt, Abgeordneten der Grünen den Entwurf eines Konzeptes zur Bekämpfung der Schleuserkriminalität zu übersenden.

Erst nachdem am 18. Mai 2015 der EU-Rat die Militäroperation beschlossen hatte, durften einzelne Abgeordnete in der Geheimschutzstelle des Bundestages Einsicht in das Konzept nehmen. Am 1. Oktober 2015 stimmte der Bundestag schließlich dem inzwischen ausgelaufenen Einsatz der Deutschen Marine im Mittelmeer zu. Die Grünen sahen in der unzureichenden und zu späten Information ihre Beteiligungsrechte verletzt. Das rügten erfolgreich auch Abgeordnete der Linken, die damals vergeblich die Übermittlung eines Schreibens des früheren türkischen Ministerpräsidenten Davutoglu an Kanzlerin Merkel beantragt hatten.

Das Bundesverfassungsgericht urteilte, dass die Bundesregierung die Abgeordneten zur Operation „Sophia“ in verfassungswidriger Weise nicht informiert hat. Das Grundgesetz sehe vor, dass die Bundesregierung den Bundestag und Bundesrat „umfassend und zum frühestmöglichen Zeitpunkt“ über EU-Maßnahmen der gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik unterrichten muss. Die Informationen müssten allen Abgeordneten zugänglich gemacht werden. Ausnahmen seien aus Gründen des „Staatswohls“ möglich, die in diesen Fällen aber nicht geltend gemacht worden seien.