Köln (epd). Die Gründe für einen Schwangerschaftsabbruch sind nach Erfahrung der Frauenärztin und pro-familia-Beraterin Gabrielle Stöcker in der Regel vielschichtig. „Meistens werden mehrere Gründe genannt“, sagte Stöcker dem Evangelischen Pressedienst (epd). Manche Frauen hätten schon drei oder vier Kinder. „Sie sagen, dass ihre Familienplanung abgeschlossen ist und sie glücklich sind mit den Kindern, die sie haben.“ Auch familiäre Schwierigkeiten, Probleme in der Partnerschaft, Trennungen oder ein nicht vorhandener Kinderwunsch könnten dazu führen, dass Frauen eine Schwangerschaft nicht fortführen wollten.
Schwierig werde es für die Frauen, wenn sie keine Unterstützung durch Angehörige oder Freunde hätten, erläuterte Stöcker. Bei ambulanten Eingriffen mit Narkose werde in der Regel eine Begleitperson verlangt. „Ein medikamentöser Abbruch, der in Deutschland in den allermeisten Fällen in Arztpraxen gemacht wird, ist oft mit relativ starken Blutungen und Bauchkrämpfen verbunden“, erklärte die Ärztin. Unter diesen Umständen müssten Frauen nach dem Eingriff oft in öffentlichen Verkehrsmitteln nach Hause fahren. „Vielleicht müssen auch noch kleine Kinder versorgt werden“, gab die Beraterin zu bedenken.
Den meisten Frauen gehe es nach dem Abbruch gut, das zeigten auch Studien. Andere Frauen seien wiederum nach einem Abbruch psychisch belastet: „Sie sind furchtbar traurig, auch wenn sie sagen, dass es die richtige Entscheidung war.“ Stöcker trifft bei ihrer Arbeit für pro familia auch auf Frauen, die sich wünschen, sie könnten den Eingriff rückgängig machen, und deshalb zur Nachberatung kommen. Das seien allerdings wenige.
Über die Gründe für den Anstieg bei der Zahl der Schwangerschaftsabbrüche in diesem Jahr könne sie keine sichere Aussage treffen, sagte die Kölner Ärztin. „Wir haben in den letzten Jahren und Monaten viele Krisen erlebt. Hat es etwas mit der Corona-Pandemie zu tun? Ist es der Krieg in der Ukraine, der die Menschen verunsichert? Sind es die gestiegenen Energiepreise, die alle kalt erwischen?“ Im ersten Halbjahr dieses Jahres ist die Zahl der Abtreibungen im Vergleich zum Vorjahr deutlich gestiegen, im zweiten Quartal sogar um 11,5 Prozent.
„Es gibt Menschen, die sich sichere Verhütungsmittel nicht leisten können“, sagte Stöcker. Deshalb fordere pro familia eine Übernahme der Kosten für Verhütungsmittel von den Krankenkassen. Pro familia ist die größten nichtstaatliche Organisation für Sexual-, Schwangerschafts- und Partnerschaftsberatung in Deutschland.