Leipzig (epd). Die Klimaaktivistin Luisa Neubauer sieht in den Krisen dieses Jahres das Versprechen von Fortschritt und Wachstum an ein Ende gekommen. „Wir haben in diesem Jahr gelernt, dass das Ende der Welt im Plural kommt“, sagte Neubauer laut Redemanuskript am Sonntag in der Reihe „Kanzelrede“ in der Leipziger Michaeliskirche. Kleine Welten seien nacheinander zerbrochen, sagte sie.
„Der Krieg in der Ukraine durchbrach die Illusion stetiger Annäherung in einem Nachkriegseuropa“, sagte Neubauer. Die blutigen Proteste im Iran offenbarten „den Grad an unerträglicher Unterdrückung in Teilen der Welt, auf die man bis heute keine würdige internationale Antwort gefunden hat“. Zudem verwies sie auf die Flutkatastrophe in Pakistan und Unsicherheit im eigenen Land. In einem der reichsten Länder der Welt spürten Millionen Menschen in diesen Wochen und Monaten die Unterdrückung existenzieller Not.
„Wie hohl viele der Fortschrittsversprechen, wie doppelbödig viele Erfolge und wie unbezahlbar die Entwicklungen der letzten Jahre und Jahrzehnte waren, all das konnte das Jahr 2022 nicht mehr verstecken“, sagte Neubauer. In ihrer Predigt unter dem Titel „I have a dream“ rief sie dazu auf, mit Kräften an einer Welt in Frieden, Sicherheit und Solidarität zu arbeiten.
Dieser „geteilte Traum“ sei mehr denn je ein existenzielles Gut, sagte Neubauer. „Wir handeln in einem Wettlauf gegen die Zeit, gegen die kollabierenden Ökosysteme und zerbrechenden Lebensgrundlagen“, ergänzte sie. Man müsse handeln, als ginge es um alles, „denn das tut es“, sagte sie.