Schwerin (epd). Die Landesbischöfin der evangelischen Nordkirche, Kristina Kühnbaum-Schmidt, hat anlässlich des Erntedankfests (2. Oktober) die Menschen dazu ermuntert, trotz der aktuellen „Polykrise“ dankbar zu sein. Zwar erschwerten Klimawandel, Krieg, unterbrochene Lieferketten und Inflation die Lebensmittelproduktion massiv, sagte die Theologin dem Evangelischen Pressedienst (epd). Dennoch „können wir für die Lebensmittel, die trotz der miteinander verbundenen Krisen produziert wurden, sowie den Landwirtinnen und Landwirten sehr dankbar sein“.
Kühnbaum-Schmidt ist seit Mai Beauftragte der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) für Fragen der Landwirtschaft sowie für Umwelt- und Klimaschutz. Angesichts der vielfältigen ökologischen, ökonomischen und sozialen Probleme im Agrarsektor forderte die Bischöfin: „Wir brauchen ein Ernährungssystem, in dem ökologische Ressourcen geschont werden, Haltungsbedingungen für die Nutztiere deutlich besser sind und Betriebe von den Erträgen leben können - das alles zu Preisen, die der/die Verbraucher*in bezahlen kann und will.“
Das Ziel einer nachhaltigen Landwirtschaft wäre erreicht, wenn Ökonomie, Ökologie und Soziales im Einklang wären, erläuterte die Theologin. Neben Klimawandel und abnehmender Biodiversität forderten schlechte Arbeitsbedingungen in Schlachthöfen oder bei Erntehelfern die Branche heraus. „Außerdem benennen Landwirte selbst, dass der Umgang mit sogenannten Nutztieren weiter verbessert werden muss.“
Auch wirtschaftlich sei vieles im Argen. Kühnbaum-Schmidt verwies auf den finanziellen Druck, der durch aktuelle Knappheiten etwa im Bereich von Futtermitteln oder Energie in diesem Jahr noch einmal gestiegen sei. Auch deshalb seien weiterhin viele Hofschließungen zu befürchten. „Dieser bevorstehende Strukturbruch in der Landwirtschaft bereitet mir Sorgen.“ Hinzukomme, dass viele Verbraucher durch die gestiegenen Preise vermehrt zu billigen Produkten griffen.
Angesichts der großen strukturellen Probleme zeigte die Theologin Verständnis dafür, „sich als einzelner Mensch unwirksam oder auch überfordert zu fühlen“. Dennoch ermutigte sie die Menschen, die „Verantwortung gegenüber unserer Mitschöpfung“ in gemeinsamer Verbundenheit wahrzunehmen. „Ich sehe das weniger als eine auferlegte Last, sondern als Ermutigung“, betonte die Landesbischöfin. Im Anschluss an Martin Luthers Genesis-Auslegung könne sich der Mensch „als Mitarbeiter Gottes“ verstehen. Als solcher sei er eingeladen, am Erhalt der Schöpfung mitzuwirken.