Berlin, Düsseldorf (epd). Der DGB fordert angesichts der steigenden Preise weitere Entlastungen für Geringverdiener. Trotz der Anhebung des gesetzlichen Mindestlohns zum 1. Oktober von 10,45 Euro auf 12 Euro werde für viele Menschen Armut weiter Lebensrealität bleiben. „Der Mindestlohn reicht nicht für echte Teilhabe, er wird den aktuellen Preisschub nicht abfedern“, sagte DGB-Vorstandsmitglied Stefan Körzell am Dienstag in Berlin. Es sei „höchste Zeit für eine Energiepreispauschale und einen Energiepreisdeckel“. Um das zu finanzieren, müsse der Gesetzgeber die Übergewinne der großen Energie- und Mineralölkonzerne abschöpfen.
Von der Erhöhung des gesetzlichen Mindestlohns profitieren laut DGB 6,64 Millionen Beschäftigte - in Westdeutschland 5,18 Millionen Beschäftigte, in Ostdeutschland 1,46 Millionen. Von ihnen seien 2,55 Millionen vollzeitbeschäftigt. „Das heißt: Bundesweit erhält derzeit jeder zehnte Vollzeitbeschäftigte (9,9 Prozent) weniger als 12 Euro pro Stunde; unter Teilzeitbeschäftigten sind es 20,1 Prozent, unter Minijobbenden sogar 80 Prozent“, teilte der DGB mit. Wer Vollzeit arbeite, habe ab Oktober monatlich brutto etwa 270 Euro mehr im Portemonnaie.
Der DGB beruft sich auf eine Analyse des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts (WSI) der Hans-Böckler-Stiftung in Düsseldorf. In der Untersuchung haben die Forscher das Sozio-oekonomische Panel (SOEP) und die neuesten verfügbaren Daten des Statistischen Bundesamts und der Bundesagentur für Arbeit ausgewertet und bis September 2022 fortgeschrieben. Die Auswertung betrachtet alle Beschäftigungsverhältnisse ohne Auszubildende, Praktikanten sowie Minderjährige.
Danach verdienen bundesweit 17,8 Prozent aller Beschäftigten derzeit weniger als 12 Euro die Stunde. In Ostdeutschland liegt die Quote bei 29,1 Prozent, in Westdeutschland inklusive Berlin bei 16,1 Prozent.
Im bundesweiten Vergleich am höchsten ist der Anteil der Beschäftigten, die im Zuge der Mindestlohnerhöhung Anspruch auf eine Entgelterhöhung haben, in den Kreisen Sonneberg in Thüringen (44 Prozent), Teltow-Fläming (Brandenburg, 43,1 Prozent), Saale-Orla (Thüringen, 40 Prozent) und Vorpommern-Rügen (39 Prozent). Am niedrigsten ist der Anteil der Beschäftigten, die aktuell noch unter 12 Euro die Stunde verdienen, in Wolfsburg (7,9 Prozent), Erlangen (8,1 Prozent), dem Landkreis München (9,7 Prozent) und in Stuttgart (10,3 Prozent).
„Die Mindestlohnerhöhung trägt regional breit gefächert zur Stabilisierung der Kaufkraft bei“, sagte der WSI-Arbeitsmarktexperte Toralf Pusch. Die spürbaren Einkommensverbesserungen stärkten insbesondere in ärmeren Regionen den Konsum, so Pusch.