Luxemburg (epd). Arbeitgeber müssen lange krankgeschriebene Beschäftigte auf den drohenden Verfall von Urlaubsansprüchen hinweisen. Kommt das Unternehmen dieser Pflicht nicht nach, verfällt der Resturlaub eines Urlaubsjahres bei Krankheit oder Erwerbsminderung des Beschäftigten nicht, urteilte am Donnerstag der Europäische Gerichtshof (EuGH) in Luxemburg. (AZ: C-518/20 und C-727/20)
Nach dem Bundesurlaubsgesetz muss der bezahlte Urlaub in der Regel im laufenden Urlaubsjahr genommen werden. Aus dringenden betrieblichen oder persönlichen Gründen können restliche Urlaubstage auch bis Ende März des Folgejahres genommen werden. Danach verfällt der nicht genommene Urlaub.
Der EuGH hatte am 6. November 2018 hierzu geurteilt, dass Arbeitgeber die Beschäftigten über einen drohenden Verfall von Urlaubsansprüchen informieren müssen. (AZ: C-619/16 und C-684/16).
In den beiden aktuell vom EuGH entschiedenen Fällen ging es um einen bei der Fraport AG beschäftigten schwerbehinderten Arbeitnehmer und einer in einem Krankenhaus angestellten Frau. Der Flughafenmitarbeiter konnte seinen Urlaub von 34 Tagen wegen einer ab Dezember 2014 erlittenen vollen Erwerbsminderung nicht mehr nehmen. Die Klinikmitarbeiterin hatte wegen einer lang andauernden Erkrankung noch 14 Resturlaubstage für das Jahr 2017 übrig.
Die Arbeitgeber vertraten die Ansicht, dass die jeweiligen Urlaubsansprüche zu spät geltend gemacht wurden. Könne ein Beschäftigter erkrankungsbedingt seinen Urlaub nicht nehmen, sei dieser 15 Monate nach Ablauf des Urlaubsjahres verfallen.
Die Kläger verwiesen indes darauf, dass die Arbeitgeber sie im laufenden Urlaubsjahr dazu hätten auffordern müssen, den Urlaub auch zu nehmen. Weil sie dies nicht getan hätten, seien die Urlaubsansprüche nicht erloschen, lautete ihre Begründung.
Auf die Vorlage des Bundesarbeitsgerichts gab der EuGH den Klägern dem Grunde nach recht. Habe ein Arbeitnehmer in einem Jahr vor Eintritt der Erwerbsminderung Urlaubsansprüche erworben oder könne er sie wegen einer Erkrankung nicht nehmen, müsse der Arbeitgeber auf den drohenden Verfall der Urlaubsansprüche hinweisen. Wie oft und wann ein Arbeitgeber darüber informieren muss, entschied der EuGH jedoch nicht.
Das Urteil gilt nur für Urlaubsansprüche, die der Arbeitnehmer in dem Jahr erworben hat, in dem er auch tatsächlich gearbeitet hat. Das BAG will nun über die beiden Fälle am 20. Dezember 2022 abschließend entscheiden.