Genf (epd). Das UN-Hochkommissariat für Menschenrechte befürchtet ein mögliches Tribunal für ukrainische Kriegsgefangene durch Russland und mit ihm verbündete bewaffnete Gruppen. Das Tribunal könnte in den nächsten Tagen in der russisch besetzten Stadt Mariupol stattfinden, erklärte die Sprecherin des Hochkommissariats, Ravina Shamdasani, am Dienstag in Genf.
Fotos und Videoaufnahmen zeigten offenbar, dass in der Philharmonie der ukrainischen Hafenstadt Metallkäfige aufgebaut werden, in denen die Kriegsgefangenen während des Prozesses festgehalten werden sollen. Nach internationalem Recht genössen Personen, die den Status von Kriegsgefangenen hätten, Immunität und könnten weder für die Teilnahme an Feindseligkeiten noch für rechtmäßige Kriegshandlungen, die im Verlauf des bewaffneten Konflikts begangen wurden, strafrechtlich verfolgt werden. Das Hochkommissariat erinnerte daran, dass laut humanitärem Völkerrecht die Einrichtung von Gerichten ausschließlich zur Aburteilung von Kriegsgefangenen verboten sei und dass das vorsätzliche Vorenthalten eines fairen und ordnungsgemäßen Verfahrens ein Kriegsverbrechen darstelle.
Das Hochkommissariat sei ferner besorgt darüber, dass ukrainische Kriegsgefangene in der Regel ohne Zugang zu unabhängigen Beobachtern festgehalten würden. Dadurch seien sie der Gefahr ausgesetzt, gefoltert zu werden, um ein Geständnis zu erpressen. Das Hochkommissariat forderte Russland auf, unabhängigen Beobachtern uneingeschränkten Zugang zu allen Personen zu gewähren, die im Zusammenhang mit dem bewaffneten Konflikt in der Ukraine festgehalten werden.