Politologin Heinrich mahnt Diskurs zu Rassismus an

Politologin Heinrich mahnt Diskurs zu Rassismus an
17.08.2022
epd
epd-Gespräch: Anne-Dorle Hoffgaard

Rostock (epd). Vor dem 30. Jahrestag der rassistisch und fremdenfeindlich motivierten Ausschreitungen von Rostock-Lichtenhagen hat die Rostocker Politologin Gudrun Heinrich einen breiten gesellschaftlichen Diskurs zum Thema Rassismus angemahnt. Die notwendigen Konsequenzen aus den damaligen Ereignissen müssten vielfältig sein, sagte die 57-Jährige in einem Interview des Evangelischen Pressedienstes (epd). „Es geht um eine differenzierte Erinnerungs- und Gedenkkultur, die das Ziel verfolgen sollte, einen breiten Diskurs in vielen Teilen der Gesellschaft zu ermöglichen.“ Öffentlich wahrnehmbare Erinnerungsorte seien dabei ein wichtiger Baustein.

Eine inhaltliche Festschreibung der pogromartigen Ausschreitungen von 1992 in Curricula von Schulen sehe sie problematisch. „Wir brauchen eher schulische Rahmenpläne, die es ermöglichen, das Thema Rassismus und Rechtsextremismus anzusprechen und dann eine auf die Klasse passende Form zu finden.“ Das müsse nicht immer „Rostock Lichtenhagen 1992“ sein, hier könnten auch andere Beispiele und Fragestellungen gefunden werden.

Von den Kirchen und anderen Religionsgemeinschaften wünsche sie sich, selbstkritisch ihren Anteil an der Entstehung und dem Erhalt rassistischer Narrative zu reflektieren und einen offenen Diskurs zu wagen. „Eine Stellungnahme top down verändert hier wenig, ein Diskussionsprozess in den Gemeinden sicherlich mehr“, sagte die promovierte Politologin. Zur Frage der Rolle der christlichen Kirchen im Bereich Antisemitismus sei schon einiges passiert. Aber bei Fragen des Antiziganismus und des Rassismus insgesamt könne noch mehr getan werden.