Köln (epd). Ein Jahr nach der Machtübernahme der Taliban in Afghanistan beklagt Unicef eine massive Unterfinanzierung der humanitären Hilfe für die Bevölkerung. Das UN-Kinderhilfswerk könnte deutlich mehr Hilfe in allen Teilen des Landes leisten, erklärte der Geschäftsführer von Unicef Deutschland, Christian Schneider, in einem Beitrag für den „Kölner Stadt-Anzeiger“ (Samstag). Allerdings sei im laufenden Jahr bisher nur ein Drittel benötigten Mittel bereitgestellt worden. „Während die Welt zu Recht erneut nach Afghanistan schaut, müssen die Regierungen das Datum zum Anlass nehmen, die Hilfe endlich auszuweiten.“
Die Nahrungsmittelversorgung in Afghanistan bezeichnet Schneider als katastrophal. „Über eine Million Kinder sind lebensgefährlich mangelernährt“, erklärte er. „Acht von zehn Menschen werden auch heute verschmutztes Wasser trinken. Die Kinder zahlen den höchsten Preis in dieser nicht endenden humanitären Katastrophe.“
Schneider kritisierte vor allem die Politik der radikalislamischen Taliban, Mädchen gezielt von Bildung abzuschneiden. Gerade sie dürfe die internationale Gemeinschaft nicht im Stich lassen. „Wenn der Alltag so unbarmherzig ist wie an diesem Jahrestag, dann ist das Recht auf Bildung besonders wichtig“, betonte Schneider. Der Preis für Nichtstun wäre „unermesslich“.
Die Taliban hatten vor einem Jahr, am 15. August 2021, erneut die Macht über Afghanistan übernommen. Seitdem gehen die Islamisten brutal gegen ehemalige Widersacher vor und schränken die Rechte von Frauen und Mädchen ein. Wirtschaftlich ist das Land auf Talfahrt, ein großer Teil der Bevölkerung hungert.