Münster (epd). Der polnische Publizist und frühere Diplomat Janusz Reiter hat Europa zu einem geschlossenen Widerstand gegen den russischen Krieg in der Ukraine aufgerufen. Der Angriffskrieg gegen die Ukraine richte sich nicht nur gegen dieses Land und seine Menschen, sondern gegen Europa und seine liberale Gesellschaftsordnung, sagte Reiter am Mittwochabend bei einer im Münsteraner Dom zum Auftakt der Reihe „Domgedanken“. „Putin will nicht geliebt, sondern gefürchtet werden“, führte Reiter aus, der sowohl in Deutschland als auch in den USA Botschafter war. Putin wolle die Rückkehr zu einer Welt, in der nur das Recht des Stärkeren zähle.
Der polnische Publizist warnte davor, sich die Argumentation des russischen Präsidenten Putin zu eigen zu machen, nach dem der Zusammenbruch der Sowjetunion und die Ausdehnung von Nato und Europäischer Union eine posttraumatische Erfahrung für Russland gewesen sein solle. Schwäche und Hilflosigkeit zahlten sich nicht aus, sagte Reiter an die Adresse Europas gerichtet.
Europa und der freie Westen könne dieser Aggressivität nur aus einer Position der eigenen Stärke angemessen begegnen, erklärte der Publizist und Ex-Diplomat. Er habe den Eindruck, dass diese Haltung auch in Deutschland verstanden worden sei, wobei es seine internationale Rolle traditionell als eher russlandfreundlich gesehen habe. Für Polen und die baltischen Länder sei dagegen eine Politik der Stärke als Garant von Sicherheit immer „existenziell“.
Reiter betonte, dass die deutsche Politik die ihr zugedachte Führung stärker wahrnehmen solle. „Deutschland muss sich in der Führungsrolle neu erfinden“, erklärte der frühere Diplomat, der das von ihm 1996 gegründete Zentrum für internationale Beziehungen in Warschau leitet. Das bisherige politische Geschäftsmodell deutscher Politik sei an seine Grenzen gestoßen.