Frankfurt a.M., Yangon (epd). Die ersten Hinrichtungen seit Jahrzehnten in Myanmar haben international für Entsetzen gesorgt. Die Bundesregierung verurteilte am Montag die Vollstreckung der Todesurteile gegen vier Dissidenten auf das Schärfste. Die Militärjunta habe damit einen „neuen traurigen Tiefpunkt ihrer Gewaltherrschaft“ erreicht und zeige ihre „vollkommene Verachtung für die Menschenrechte“, sagte ein Sprecher des Auswärtigen Amtes in Berlin. Auch die Vereinten Nationen und Menschenrechtler kritisierten die Hinrichtungen. Trotz weltweiter Proteste ließ die Militärjunta in Myanmar laut der staatlichen Zeitung „Global New Light of Myanmar“ erstmals wieder Todesurteile vollstrecken.
Die Bundesregierung rief die Machthaber dazu auf, von weiteren Hinrichtungen abzusehen und die Gewalt gegen das eigene Volk unverzüglich zu beenden. Auf europäischer Ebene werde darüber gesprochen, welche weiteren Reaktionen jetzt richtig seien, sagte der Sprecher des Auswärtigen Amtes. Auch die UN-Hochkommissarin für Menschenrechte, Michelle Bachelet, verurteilte die Exekutionen. Sie seien grausame Verletzungen des Rechts auf Leben, Freiheit und Sicherheit, erklärte Bachelet am Montag in Genf. Durch die Hinrichtungen habe die Junta ihre repressive Kampagne gegen die eigene Bevölkerung ausgeweitet.
Trotz weltweiter Proteste hatte die Junta erstmals seit Jahrzehnten wieder Todesurteile vollstrecken und die vier Männer hinrichten lassen - unter ihnen der frühere Parlamentsabgeordnete und Hip-Hop-Künstler Phyo Zeya Thaw und der Demokratieaktivist Kyaw Min Yu, bekannt unter dem Namen „Ko Jimmy“. Das Militärregime hatte ihnen Terrorismus und Konspiration mit oppositionellen Milizen vorgeworfen. Die Gerichtsverfahren fanden unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt.
Die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch sprach am Montag von einem „Akt äußerster Grausamkeit“, der dadurch verschlimmert worden sei, dass die Familien der Ermordeten erst durch Medienberichte von den Exekutionen erfahren hätten. Der für die Region zuständige Direktor von Amnesty International, Erwin van der Borght, bezeichnete die Hinrichtungen als willkürliche Tötungen. Sie seien ein weiteres Beispiel für die grausame Menschenrechtsbilanz Myanmars.
Medienberichten zufolge haben die Militärgerichte in dem südostasiatischen Land seit dem Putsch 2021 bis Anfang Juni mindestens 113 Todesurteile ausgesprochen, auch gegen Minderjährige. Seit 1988 wurde in Myanmar offiziell niemand mehr unter den Bestimmungen des betreffenden Gesetzes hingerichtet, die Todesstrafe jedoch beibehalten. Die Junta hatte die Hinrichtungen von Phyo Zeya Thaw und Kyaw Min Yu im Juni angekündigt, aber zunächst kein Datum genannt.
Seit dem Militärputsch gehen die Machthaber in Myanmar zunehmend brutal gegen Oppositionelle und Protestierende vor. Laut der Gefangenen-Hilfsorganisation AAPP wurden seit dem Putsch mehr als 14.800 Personen verhaftet. Die meisten sitzen bis heute hinter Gittern. Zudem wurden bislang mindestens 2.114 Menschen bei Protesten gegen das Militärregime getötet. Die gestürzte De-Facto-Regierungschefin Aung San Suu Kyi war Ende Juni vom Hausarrest in ein Gefängnis in der Hauptstadt Naypyidaw verlegt worden. Die 77-Jährige befindet sich laut Medienberichten in Einzelhaft. Gegen sie laufen mehrere Klagen.