Köln (epd). Der Kölner Juraprofessor Stephan Rixen hält die Vereinbarung zwischen Deutscher Bischofskonferenz und Bundesregierung zur Aufarbeitung des sexuellen Missbrauchs in der katholischen Kirche für unzureichend. Der Rechtsstaat akzeptiere damit „bedenkenlos die quasi-autokratische Binnenstruktur der katholischen Kirche“, schreibt Rixen in einem Gastbeitrag im „Kölner Stadt-Anzeiger“ (Mittwoch). „Gewaltenteilung ist hier ein Fremdwort.“ Der Direktor des Instituts für Staatsrecht der Universität zu Köln forderte Bundes- und Landesgesetze, die die Aufarbeitung „demokratisch legitimieren und kontrollieren“.
Vor allem die Besetzung der Unabhängigen Aufarbeitungskommissionen in den Bistümern müsse dringend „stärker rechtsstaatlich gesteuert“ werden, betonte Rixen weiter. Ansonsten werde deren Unabhängigkeit zur reinen Fassade und sie würden „bestenfalls Placebo-Aufarbeitung leisten“. Im Jahr 2020 hatten die katholische Deutsche Bischofskonferenz und der damalige Unabhängige Beauftragte der Bundesregierung für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs , Johannes-Wilhelm Rörig, eine Vereinbarung geschlossen, in jedem Bistum eine Kommission zur Aufarbeitung zu errichten. Die Mitglieder werden teils von der Kirche, teils von der jeweiligen Landesregierung benannt und sämtlich vom Ortsbischof berufen.
Was „unabhängig“ bedeutet, bestimme der jeweilige Bischof nach eigenem, unüberprüfbarem Ermessen, kritisierte Rixen, der selbst vom Land NRW als Mitglied der Unabhängigen Aufarbeitungskommission für das Erzbistum Köln benannt wurde. Der Jurist sprach von einem „bedenklichen Arrangement zwischen Staat und Kirche“. Der Staat verstecke sich hinter der angeblich bewährten Kooperation mit den Kirchen und diese missverstünden ihr im Grundgesetz garantiertes Selbstbestimmungsrecht nur gerne als Schutzschild, um staatliche Kontrollmacht abzuwehren. „Übernimmt der Rechtsstaat nicht erkennbar Verantwortung, wird die Aufarbeitung in der katholischen Kirche scheitern“, warnte Rixen.