Stuttgart (epd). Eine Person, die sich weder als Frau noch als Mann fühlt, hat keinen Anspruch auf Kostenerstattung für die operative Entfernung ihrer Brüste. Es bestehe kein Anspruch auf Behandlungsmaßnahmen, die darauf abzielen, die Uneindeutigkeit der äußeren Geschlechtsmerkmale zu erhöhen, entschied das baden-württembergische Landessozialgericht in einem am Montag in Stuttgart veröffentlichten Urteil (AZ: L 5 KR 1811/21). Zudem gebe es kein typisches Erscheinungsbild bei nicht-binären Personen, das zur Herstellung der Übereinstimmung von Geschlecht und Geschlechtsidentität angeglichen werden könnte.
Geklagt hatte eine 24-jährige Person, die mit weiblichen Geschlechtsmerkmalen geboren wurde und daher personenstandsrechtlich ursprünglich als weiblich registriert war. Sie ließ im Oktober 2019 ihren Vornamen und die Geschlechtsangabe im Geburtenregister als „ohne Angabe“ eintragen.
Sie beantragte im Dezember 2019 bei ihrer gesetzlichen Krankenkasse die Übernahme von rund 5.000 Euro für eine operative Entfernung ihrer Brüste. Das wurde mit der Begründung abgelehnt, dass ein Transsexualismus nicht belegt sei und weder eine Alltagserprobung noch eine psychotherapeutische oder psychiatrische Behandlung von mindestens 18 Monaten Dauer vorgenommen worden war.
Anders als das vorinstanzliche Sozialgericht entschieden die Richter des Landessozialgerichts, dass die beklagte Krankenkasse die Kosten nicht übernehmen muss. Es liege keine körperliche Auffälligkeit vor, welche mit einer Beeinträchtigung von Körperfunktionen verbunden sei, hieß es zur Begründung. Ein Anspruch auf Eingriffe in intakte, nicht in ihrer Funktion beeinträchtigte Organsysteme bestehe nur dann, wenn diese entstellend wirkten, oder bei medizinisch gebotener Geschlechtsangleichung in Fällen des Transsexualismus, hieß es.