Essen, Berlin (epd). Rund 8,9 Millionen Menschen sind nach Erkenntnissen des gemeinnützigen Recherchebüros Correctiv lebensgefährlich durch Hitzewellen bedroht. Zugleich habe die Bundesregierung keinen Überblick über Risikogruppen, kritisierte das Essener Büro in einer am Donnerstag veröffentlichten Recherche. Die Deutsche Stiftung Patientenschutz mahnte Verbesserungen beim Hitzeschutz in Krankenhäusern und Pflegeheimen an.
Correctiv hatte Daten des Statistischen Bundesamts über Menschen mit Schwerbehinderung sowie allein lebende Seniorinnen und Senioren ausgewertet. Zusätzlich zog es eine Studie des Robert Koch-Instituts (RKI) und des Deutschen Wetterdiensts (DWD) heran. Der Untersuchung zufolge starben in den Jahren zwischen 2018 und 2020 rund 19.000 Menschen an der Hitze, fast die Hälfte davon im besonders heißen Jahr 2018.
Laut der Recherche weiß das Bundesgesundheitsministerium nicht, wer konkret gefährdet ist. In Frankreich sei es hingegen möglich, Risikopersonen zu identifizieren und ihnen gezielt zu helfen. Dort gebe es ein Hitzeregister mit Personen, die durch Hitze besonders gefährdet sind. Sozialdienste würden diese Menschen bei heißem Wetter täglich anrufen. Diese Dienste verteilten auch Wasser und Ventilatoren. Nach Angaben von Correctiv ist ein solches Hitzeregister in Deutschland nicht geplant.
Ein Sprecher des Gesundheitsministeriums teilte dem Evangelischen Pressedienst (epd) mit, eine Größenangabe zu den bei Hitze risikobehafteten Gruppen sei nicht möglich. Das Risiko sei abhängig von der individuellen Anpassungsfähigkeit des Körpers, den Wohn- und Lebensbedingungen.
Die Deutsche Stiftung Patientenschutz forderte Verbesserungen beim Hitzeschutz in Krankenhäusern und Pflegeheimen. Mehr zu trinken reiche nicht aus und sei sogar für hochbetagte Menschen nicht immer zuträglich, sagte deren Vorstand Eugen Brysch. Bei Herzkrankheiten beispielsweise kann eine erhöhte Flüssigkeitszufuhr zu gesundheitlichen Problemen führen. „Deshalb sind die Bauvorschriften für medizinisch-pflegerische Neubauten sofort anzupassen“, sagte Brysch.