Berlin (epd). Auf dem Weg zur Klimaneutralität soll bis 2030 der Anteil der erneuerbaren Energien am Stromverbrauch in Deutschland fast verdoppelt werden. Der Bundestag beschloss am Donnerstag in Berlin ein Gesetzespaket, das Weichen für eine Energiewende stellt: In acht Jahren sollen demnach 80 Prozent des in Deutschland verbrauchten Stroms aus klimafreundlichen Quellen wie Sonne, Wasser und Wind stammen. Bislang galt hier ein 65-Prozent-Ziel.
Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) sprach vom „größten Gesetzespaket im Energiebereich der letzten Jahre, wahrscheinlich Jahrzehnte“. Er rechnete zugleich mit der Klimapolitik der früheren Kanzlerin Angela Merkel (CDU) ab. „Wenn man sich vor Eisbergen fotografieren lässt, aber vergisst, dass Eisberge schmelzen. Wenn man aus allen möglichen Dingen aussteigt, zu Recht, aber vergisst, dass man dafür eine Infrastruktur aufbauen muss. Wenn man klimapolitische Beschlüsse fasst, sie aber nicht mit Maßnahmen hinterlegt, dann lässt man Deutschland im Regen stehen“, sagte er mit Blick auf die Abgeordneten der Unions-Fraktion.
Mit dem Ausbau der erneuerbaren Energien wird die deutsche Abhängigkeit von Kohle, Erdgas und Erdöl deutlich reduziert. Im vergangenen Jahr lag der Anteil der erneuerbaren Energien am Bruttostromverbrauch bei etwa 42 Prozent. Künftig werden erneuerbare Energien so eingestuft, dass sie „im überragenden öffentlichen Interesse“ liegen und „der öffentlichen Sicherheit“ dienen. Damit haben sie bei der sogenannten Güterabwägung einen höheren Stellenwert. Als Schutzgüter gelten etwa Tiere, Pflanzen, Wasser, Baudenkmäler und die menschliche Gesundheit. Das ursprünglich von Habeck vorgesehene Ziel einer klimaneutralen Stromerzeugung bis 2035 wurde während der Ausschussberatungen gestrichen.
Unionsvertreter lobten zwar Teile des Gesetzespakets, hatten aber auch viel Kritik. Der Abgeordnete Andreas Jung (CDU) sagte, es sei ein „Paket der verpassten Chancen“ und warf Habeck vor, nicht ausreichend den Konsens mit Opposition und den Ländern gesucht zu haben. Vor Ort werde es bei dem Thema um Akzeptanz der Maßnahmen gehen, sagte er. Jung kritisierte zudem, dass das Paket zu einseitig auf Solar- und Windenergie setze. Geothermie, Biomasse und Wasserkraft würden vernachlässigt.
Zentral beim Umbau des Energiesektors ist aktuell die Windkraft: Sowohl auf See als auch an Land soll mit Windrädern künftig deutlich mehr Energie erzeugt werden. Im Regelwerk festgezurrt wurde daher, dass an Land künftig zwei Prozent der Bundesfläche für die Windenergie zur Verfügung stehen. Aktuell sind lediglich rund 0,8 Prozent der Landfläche dafür ausgewiesen, tatsächlich verfügbar sind sogar nur 0,5 Prozent.
Künftig sind Bundesländer in der Pflicht, deutlich mehr Flächen bereitzustellen. Bis Ende 2032 müssen sie gemeinsam auf die zwei Prozent kommen. Länder, in denen der Wind stärker weht, müssen dabei einen höheren Anteil erreichen als andere. Bis zum 31. Dezember 2027 - ein Jahr später als von Habeck vorgesehen - sind Zwischenziele zu erreichen. Geschieht das nicht, tritt in der Regel eine „Rechtsfolge“ ein, und regionale Abstandsregeln gelten nicht mehr.
Der AfD-Abgeordnete Marc Bernhard kritisierte das Zwei-Prozent-Ziel. Das seien „nicht romantische Windrädchen, sondern Monsteranlagen“, sagte er. Er forderte, anstelle von mehr Windkraft, Atomenergie weiterzunutzen und auf synthetische Kraftstoffe zu setzen.
Der SPD-Abgeordnete Bengt Bergt wies dies zurück und betonte: „Da können Sie gerne wie Don Quichotte immer weiter Angst vor dem großen bösen Riesen haben und mit ihrem politisch klapprigen Gaul immer darauf losreiten, aber es muss niemand Sorgen haben, dass bald ein Windrad im Vorgarten steht.“
Die Linke vermisste Maßnahmen zum sozialen Ausgleich im Paket.