Brandenburg an der Havel (epd). Im NS-Prozess gegen einen früheren Wachmann des KZ Sachsenhausen hofft das Simon-Wiesenthal-Zentrum, dass der Angeklagte verurteilt wird und ins Gefängnis muss. „Das hoffen wir alle“, sagte der Direktor des Israel-Büros des Wiesenthal-Zentrums, Efraim Zuroff, vor Beginn des 35. Verhandlungstags am Montag in Brandenburg an der Havel. Dass seit den Verbrechen viel Zeit vergangen ist, mache die Schuld der Täter nicht geringer. Auch hohes Alter dürfe dabei nicht vor einer Verurteilung schützen.
In dem Verfahren des Landgerichts Neuruppin wurde für Montag das Plädoyer der Verteidigung des 101-jährigen Angeklagten erwartet. Die Staatsanwaltschaft wirft Josef S. Beihilfe zum grausamen und heimtückischen Mord in mehr als 3.500 Fällen vor und fordert fünf Jahre Haft. Nebenklagevertreter haben eine Haftstrafe von mindestens fünf Jahren gefordert. Das Urteil wird für Dienstag erwartet. (AZ: 11 Ks 4/21)
Der Angeklagte sollte am Montag auch Gelegenheit zu einem letzten Wort bekommen. Er bestreitet bislang, Wachmann in Sachsenhausen gewesen zu sein und will in der fraglichen Zeit an einem anderen Ort in der Landwirtschaft gearbeitet haben. Zahlreiche Unterlagen sprechen jedoch dafür, dass er als SS-Wachmann in dem Konzentrationslager in Oranienburg nördlich von Berlin im Einsatz war.
In dem als Modell- und Schulungslager der SS errichteten KZ waren zwischen 1936 und 1945 mehr als 200.000 Menschen inhaftiert. Zehntausende von ihnen wurden ermordet oder kamen auf andere Weise ums Leben.
Der Angeklagte, ein in Litauen geborener Baltendeutscher, lebte nach Zweitem Weltkrieg und Kriegsgefangenschaft mehr als 40 Jahre in der DDR. Laut Staatsanwaltschaft war er in der Zeit zwischen dem 23. Oktober 1941 und dem 18. Februar 1945 SS-Wachmann in Sachsenhausen.