Berlin (epd). Mit einer Gedenkstunde hat die Bundesregierung am Montag an die Opfer von Flucht und Vertreibung erinnert. Der Krieg in der Ukraine und die von ihm ausgelöste Fluchtbewegung machten das Gedenken erschütternd aktuell, sagte Bundesbauministerin Klara Geywitz (SPD). Die Bundesregierung hält die Gedenkstunde seit einigen Jahren am Weltflüchtlingstag am 20. Juni ab. Erstmals fand sie in diesem Jahr im neuen Dokumentationszentrum Flucht, Vertreibung, Versöhnung in Berlin statt.
Geywitz sagte, es sei eine staatliche Aufgabe, an die Opfer von Flucht und Vertreibung zu erinnern. Was es wirklich bedeute, die Heimat ins Ungewisse verlassen zu müssen, wüssten nur Betroffene. Dabei erinnerte sie an die vertriebenen Deutschen nach dem Zweiten Weltkrieg und spannte einen Boden zur aktuellen Situation. Der Krieg Russlands gegen die Ukraine habe die Grundfesten Europas erschüttert. Zugleich habe er aber auch eine beeindruckende Solidarität zutage befördert, sagte Geywitz.
Emotional berichtete die Ukrainerin Diana Liebert von ihrer Flucht mit ihrer Tochter aus der Ukraine nach Deutschland. Der Verlust geliebter Menschen und der Heimat sei nicht in Worte zu fassen, sagte Liebert, die von „unerträglichem Schmerz“ sprach. Das Leben außerhalb der Heimat sei für sie „der Zustand eines entwurzelten Baumes“. Sie wisse, dass sie und ihre Tochter hierzulande sicher seien und könne das Leben dennoch nicht genießen. Es tue manchmal weh, Menschen zu sehen, „die ihr gewöhnliches, glückliches Leben führen, und dabei zu wissen, dass es einen Völkermord in der Ukraine gibt“, sagte Liebert, die sich gleichzeitig für die Aufnahmebereitschaft der Deutschen bedankte.
An die Vertreibung nach dem Zweiten Weltkrieg erinnerte Helgard Rohrmoser, die im Januar 1945 als Sechsjährige mit ihrer Mutter aus dem damaligen Königsberg floh. Erst vor rund zehn Jahren sei sie wieder im heute russischen Kalingrad gewesen. Rohrmoser berichtete von einer Begegnung mit einer Frau und ihrem Baby. Zu sehen, dass nach der Zerstörung des Kriegs dort wieder Menschen aufwachsen, habe sie damals versöhnt, sagte sie. Umso schmerzlicher sei heute für sie der Gedanke, dass der jetzt etwa Zehnjährige unverschuldet zu einem Land gehöre, das den Krieg gegen die Ukraine führt, sagte Rohrmoser.