Berlin (epd). Angesichts der steigenden Infektionszahlen hat Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) die Bevölkerung zur Vorsicht aufgerufen, zugleich aber erklärt, die Corona-Sommerwelle sei kein Grund, in Panik zu geraten. Der Minister kündigte am Freitag in Berlin die Corona-Maßnahmen für den Herbst und Winter an und machte deutlich, dass er bisher keinen Grund sehe, sie vorzuziehen, wie unter anderem der Deutsche Städtetag fordere.
Lauterbach sagte, es werde eine Verschärfung der Maskenpflicht vorbereitet. Er bestätigte aber Pläne für eine generelle Maskenpflicht von Oktober bis Ostern noch nicht. Nach einem Bericht der „Welt am Sonntag“ (Online: Freitag) wird diese „O-bis-O-Regelung“ gegenwärtig in der Bundesregierung diskutiert. Der Begriff kommt aus dem Straßenverkehr und bezieht sich auf die Empfehlung für Autofahrer, von Oktober bis Ostern Winterreifen aufzuziehen. In Bezug darauf sagte Lauterbach zur Maskenpflicht, „es ist klar, dass wir mehr brauchen als Sommerreifen.“ Zugleich bat er die Bevölkerung, angesichts der aktuell steigenden Infektionszahlen, in Innenräumen schon heute Masken zu tragen, um andere und sich selbst zu schützen.
Zu den Maßnahmen für Herbst und Winter zählen neben einer erneuten Impfkampagne auch strengere Vorschriften für Pflegeheime. Lauterbach sagte, in jeder Einrichtung werde es künftig eine verantwortliche Fachkraft geben, die zuständig sei für die Umsetzung des Hygienekonzepts und die Schließung der Impflücken - auch in Bezug auf die zweite Auffrischungsimpfung. Den Empfehlungen der Ständigen Impfkommission (Stiko) zufolge sollen sich alle über 70-Jährigen und insbesondere Pflegeheimbewohnerinnen und -bewohner erneut boostern lassen.
Die Bürgertests, die bis Ende des Monats noch kostenlos sind, sollen Lauterbach zufolge weiterlaufen. An Empfehlungen, wer sie nutzen könne und wie Missbrauch verhindert werde, werde derzeit gearbeitet. In der Vergangenheit hatten diverse Anbieter nicht erbrachte Tests abgerechnet. Außerdem will Lauterbach dafür sorgen, dass Medikamente für Covid-19-Infizierte besonders bei älteren Patienten frühzeitig eingesetzt werden, weil sie das Sterberisiko deutlich senken können.
Die Novelle des Infektionsschutzgesetzes soll Lauterbach zufolge wie geplant nach der Sommerpause beschlossen werden. Die gegenwärtigen Regeln, die in aller Regel nur noch einen Basisschutz ermöglichen, laufen zum 23. September aus. Er werde vor der Parlamentspause die Eckpunkte für die Reform vorstellen, sagte Lauterbach. Der SPD-Politiker zeigte sich einig mit FDP-Justizminister Marco Buschmann, dass die anstehenden Gesetzesbeschlüsse nicht vorgezogen werden sollen.
Darauf drängt unter anderem der Deutsche Städtetag. Er forderte von Bund und Ländern ein Sofortprogramm zur Eindämmung der Corona-Sommerwelle und die Fortsetzung kostenloser Bürgertests über den Juni hinaus. „Wir brauchen schnelle Entscheidungen und ein neues Bundesinfektionsschutzgesetz noch vor der Sommerpause“, sagte Städtetagspräsident Markus Lewe den Zeitungen der Funke Mediengruppe (Freitag). Konkret verlangte der CDU-Politiker und Münsteraner Oberbürgermeister: „Wo nötig, muss Maskenpflicht in Innenräumen, etwa im Einzelhandel, wieder möglich sein.“ Dasselbe gelte für 3G- oder 2G-Regeln, also Zugangsbeschränkungen für Menschen, die nicht geimpft, genesen oder getestet sind.
Die Sieben-Tage-Inzidenz ist zuletzt wieder gestiegen. Am Freitagmorgen gab das Robert Koch-Institut die Zahl der Corona-Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner binnen einer Woche mit 427,8 an.