Genf (epd). Nach tagelangem Feilschen ist am Freitagmorgen die zwölfte Ministerkonferenz der Welthandelsorganisation (WTO) mit Beschlüssen zur Corona-Pandemie, zu Fischereisubventionen und zur Ernährungssicherheit zu Ende gegangen. In Genf stimmten die 164 WTO-Mitglieder für eine vorübergehende Aussetzung der Patente auf Covid-19-Impfstoffe. Doch Hilfsorganisationen wie „Ärzte ohne Grenzen“ zeigten sich besonders über den Covid-19-Kompromiss enttäuscht.
WTO-Generaldirektorin Ngozi Okonjo-Iweala sagte zum Abschluss der Konferenz, die WTO habe seit langem nicht mehr so viele multilaterale Ergebnisse erzielt. Das Paket werde das Leben der Menschen auf der ganzen Welt verändern. Die Ergebnisse zeigten, dass die WTO auf die Nöte der Zeit reagieren könne.
Mit der Aussetzung der geistigen Eigentumsrechte sollen Unternehmen in armen Ländern in die Lage versetzt werden, Impfstoffe gegen Covid-19 zu produzieren. Die Unternehmen können somit die Verfahren nutzen, die etablierte Impfstoffproduzenten anwenden. Später will die WTO entscheiden, ob auch Patente auf Arzneien und Diagnostika in der Corona-Pandemie ausgesetzt werden.
„Ärzte ohne Grenzen“ forderte, dass Patente auf Arzneien und Diagnostika sofort ausgesetzt werden sollten. „Regierungen müssen sicherstellen, dass lebensrettende medizinische Produkte so entwickelt, produziert und verteilt werden, dass alle Menschen weltweit diese erhalten können, wenn sie sie benötigen“, hieß es.
Oxfam machte für die Ausklammerung der Arzneien und Diagnostika die EU, Großbritannien, die USA und die Schweiz verantwortlich. Das Verhalten der reichen Länder in der WTO sei „äußerst beschämend“, kritisierte die Hilfsorganisation. Der getroffene Beschluss bekräftige weitgehend die bestehenden Rechte der Entwicklungsländer, Patente unter bestimmten Umständen außer Kraft zu setzen.
Es werde versucht, dieses ohnehin begrenzte Recht auf Länder zu beschränken, die noch keine Kapazitäten zur Herstellung von Covid-19-Impfstoffen hätten. Es handele sich um einen „technokratischen Trick, der darauf abzielt, den Ruf zu retten, nicht Leben“, erklärte Oxfam.
Weiter beschloss die WTO, schädliche Subventionen für die Fischerei abzubauen. Dadurch sollen Tierbestände geschont und eine Überfischung der Meere eingedämmt werden. Zudem will sich die WTO angesichts drohender Hungersnöte stärker für die Ernährungssicherheit einsetzen. So sollen etwa Exportrestriktionen für Lebensmittel vermieden werden.
Die Ministerkonferenz hatte am Sonntag begonnen und sollte eigentlich am Mittwoch enden. Wegen starker Meinungsverschiedenheiten zwischen armen und reichen Ländern musste die Konferenz verlängert werden. Die Interessen Deutschlands und der anderen EU-Mitglieder wurden weitgehend durch den Brüsseler Handelskommissar Valdis Dombrovskis vertreten.