Beatles-Experte: McCartney ist brav nach außen, stark nach innen

Beatles-Experte: McCartney ist brav nach außen, stark nach innen
Der Ex-Beatle und Musiker Paul McCartney wird 80
13.06.2022
epd
epd-Gespräch: Holger Spierig

München, Bielefeld (epd). Der vermeintliche Gegensatz eines poppigen, harmlosen Paul McCartney und eines rockigen, rebellischen John Lennon ist nach Einschätzung des Beatles-Experten Nicola Bardola „ein Klischee, das sich bis heute gehalten hat“. Der britische Musiker McCartney, der am 18. Juni 80 wird, und der im Jahr 1980 ermordete Lennon hätten sich bei den Beatles auf das Beste gespiegelt und ergänzt, sagte der bei München lebende Autor dem Evangelischen Pressedienst (epd). McCartney sei „weich und brav nach außen, nach innen stark und durchsetzungsfähig“, Lennon dagegen, „hart und durchsetzungsfähig nach außen, nach innen verletzlich und sensibel“.

McCartney und Lennon sei besonders dann Herausragendes gelungen, wenn sie versucht hätten, so zu sein wie der jeweils andere. So sei der Song „Julia“ von Lennon für seine bei einem Unfall ums Leben gekommene Mutter „ein zartes und trauriges Lied, das man sonst eher Paul zurechnen würde“. Von McCartney habe es hingegen die rockigen Songs „Helter Skelter“ und „Why don't we do it in the Road?“ gegeben, die eher in die Kategorie Lennons gehörten. In diesen Stücken habe jeder seine Innenseite nach außen gekehrt, sagte Bardola. „Da sieht man, wie genial die beiden waren, und wie toll die sich ergänzt haben.“

Auf Beatles-Alben habe McCartney jedoch auch poppig-brave Songs wie „Ob-La-Di, Ob-La-Da“ eingebracht, erklärte Bardola, der Biografien über John Lennon und Ringo Starr geschrieben hat. „Der Song hat die Beatles-Fans zur Verzweiflung gebracht, aber alle Mütter und älteren Hörer begeistert.“ Die Kreativität McCartneys sei bis heute beeindruckend, würdigte der Autor den britischen Komponisten und Songschreiber. Es fehle dem Musiker allerdings der kreative Gegenpart - nach John Lennon habe er den nie wieder gefunden.

Paul McCartney sei es gelungen, sich über die Beatles hinaus zu bewähren: Der zum „Sir“ geadelte McCartney habe gezeigt, dass das, was während der Beatles-Zeit geschehen sei, die Zeiten überdauere. Das beweise er von Jahr zu Jahr immer wieder aufs Neue und auf den verschiedensten künstlerischen Feldern: in Texten und Musik, im Film oder sogar in der Malerei. Das sei eine Leistung, die aus der Beatles-Zeit erwachsen sei. „Sie hat aber nach dem Ende der 'Fab-Four' eine Eigenständigkeit, vor der man sich nur verbeugen kann.“

Auch mit über 80 Jahren sei mit weiteren Songs von McCartney zu rechnen, ist Bardola überzeugt. „Das Bedürfnis, der Kreativität freien Lauf zu lassen und einen neuen Song zu erschaffen und unter die Leute zu bringen, war bei allen Beatles ganz stark verwurzelt.“