Frankfurt a.M., New York (epd). Die radikalislamischen Taliban verfolgen und foltern laut Human Rights Watch Zivilisten in der nordafghanischen Provinz Pandschir. Bewohner, die beschuldigt würden, mit der dortigen Widerstandsbewegung NRF zu sympathisieren oder zusammenzuarbeiten, würden willkürlich verhaftet, misshandelt und auch getötet, erklärte die Menschenrechtsorganisation am Freitag in New York.
Das Pandschir-Tal leistete bereits in den 90er Jahren Widerstand gegen die Taliban und war auch im vergangenen Jahr bei der Machtübernahme der Islamisten die letzte Provinz, die sie nicht vollständig erobern konnten. Die NRF setzt sich aus ehemaligen Regierungsmitgliedern, Überresten von Spezialeinheiten der afghanischen Armee und Milizen zusammen, die eine Verbindung zu Kämpfern gegen die erste Taliban-Herrschaft haben.
Seit Mai nehmen die Kämpfe in der Region wieder zu. NRF-Mitglieder haben laut Human Rights Watch Taliban-Einheiten und Checkpoints angegriffen, worauf die Islamisten Tausende Kämpfer in die Provinz verlegt hätten. Bei Aktionen gegen die NRF haben die Taliban demnach Massenhinrichtungen verübt und Menschen verschwinden lassen. Das seien Taten, die als Kriegsverbrechen eingestuft werden können. „Das Versagen der Taliban, diejenigen in ihren Reihen zu bestrafen, die schwere Verbrechen begehen, bringt noch mehr Zivilistinnen und Zivilisten in Gefahr“, erklärte die Asien-Expertin der Organisation, Patricia Gossman.
Als Beispiel für das Vorgehen der Islamisten nennt die Organisation die Festnahme von etwa 80 Bewohnern des Distrikts Khenj Anfang Juni. Die Menschen seien geschlagen worden, um sie zur Preisgabe von Informationen über die NRF zu zwingen. 70 von ihnen wurden demnach nach mehreren Tagen wieder freigelassen. Zehn würden weiter festgehalten, weil sie beschuldigt würden, Angehörige von NRF-Mitgliedern zu sein. Laut ehemaligen Gefangenen sind auf diese Art etwa 100 Menschen ohne Kontakt zur Außenwelt in improvisierten Lagern inhaftiert.