Berlin (epd). Der 29-jährige mutmaßliche Amokfahrer von Berlin soll in der Psychiatrie untergebracht werden. Der Mann leide an einer paranoiden Schizophrenie und sei „wahrscheinlich schuldunfähig“, sagte der Sprecher der Berliner Staatsanwaltschaft, Oberstaatsanwalt Sebastian Büchner, am Donnerstag in der Bundeshauptstadt.
Über einen Antrag auf Unterbringung in der Psychiatrie sollte voraussichtlich noch am Donnerstag ein Ermittlungsrichter entscheiden. Es gebe Anhaltspunkte dafür, dass eine psychische Beeinträchtigung Anlass für die Tat gewesen sind. So seien die Ermittler bei der Durchsuchung der Wohnung des Mannes auf Medikamente gestoßen. Die Ärzte des 29-Jährigen wurden von ihrer Schweigepflicht entbunden.
Laut dem Oberstaatsanwalt gibt es keine Anhaltspunkte für einen terroristischen Hintergrund. Auch ein Unfall könne ausgeschlossen werden. Man gehe von einer vorsätzlichen Tat aus. Eine Schuldunfähigkeit sei allerdings „wahrscheinlich“.
Bei der Todesfahrt am Mittwoch in der City West in Höhe des Breitscheidplatzes wurde nach Polizeiangaben eine Lehrerin aus Hessen getötet, 31 Menschen wurden zum Teil schwer verletzt. Laut Staatsanwaltschaft ist der Mann „bewusst mit einem Fahrzeug“ zunächst in eine erste Gruppe von Menschen an der Ecke Kurfürstendamm/Rankestraße und dann auf der Tauentzienstraße in eine Gruppe von Schülern und Lehrern gefahren. Zum Stehen kam das Fahrzeug im Schaufenster einer Parfümerie. Der Vorwurf gegen den Fahrer lautet vollendeter Mord sowie versuchter Mord in 31 Fällen.
Zu den Opfern gehört laut Staatsanwaltschaft ein weiterer Lehrer einer zehnten Klasse aus dem nordhessischen Bad Arolsen, der lebensgefährlich verletzt ist. Sieben Schüler lägen mit schweren Verletzungen in Krankenhäusern, sieben wurden ambulant behandelt. 50 Personen wurden psychologisch betreut. Vor Ort waren unter anderem 15 Notfallseelsorger im Einsatz, die sich um unverletzte Schüler und weitere Augenzeugen kümmerten.
Ein Teil der unverletzten Jugendlichen und ihre Eltern sind nach Angaben der Berliner Innensenatorin Iris Spranger (SPD) am Donnerstag nach Hessen zurückgekehrt. Sie waren auf Klassenfahrt in Berlin.
Berlins Regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey (SPD) sprach am Donnerstag im RBB-Inforadio von einem „dunklen Tag in der Berliner Stadtgeschichte“. Es handele sich um ein Ereignis, das „sehr tiefe Verletzungen und Traumata wieder aufreißt“, sagte die SPD-Politikerin mit Blick auf den islamistischen Anschlag auf den Weihnachtsmarkt an der Gedächtniskirche vor fünfeinhalb Jahren.
Der Berliner Erzbischof Heiner Koch rief die Berliner Schulen für Freitag zu einer Schweigeminute auf. In den katholischen Schulen der Stadt und im Religionsunterricht werde man sich mit der Klasse aus Bad Arolsen im Gebet verbinden. Er lade alle Berliner Schulen ein, sich dieser Schweigeminute anzuschließen.
Laut Senatsjustizverwaltung können sich Betroffene an die Zentrale Anlaufstelle für Betroffene von Terroranschlägen und Großschadensereignissen und deren Angehörigen wenden. Als zentrale Vermittlungsstelle verfüge sie über alle notwendigen Kontakte und Informationen.