Bremen (epd). Der Deutsche Ärztetag hat Bund und Länder aufgefordert, im Kampf gegen die Corona-Pandemie künftig das Wohl von Kindern und Jugendlichen stärker im Blick zu behalten. Schließungen von Kitas und Schulen sollten nur noch in extremen Krisensituationen in Erwägung gezogen werden, heißt es in einer Erklärung der Ärzteschaft vom Freitag. Kinder und Jugendliche hätten in den vergangenen zweieinhalb Jahren der Pandemie eine besonders große Last zu tragen gehabt, sagte Bundesärztekammer-Präsident Klaus Reinhardt.
„Wir wissen heute, welche enormen Schäden die Schul- und Kita-Schließungen, diese monatelange Isolation durch die Kontaktbeschränkungen bei Kindern und Jugendlichen angerichtet haben“, betonte Reinhardt. Die Folgen seien beispielsweise Zukunftsängste, erhöhter Leistungsdruck und Vereinsamung. Familiäre Spannungen, Konflikte und häusliche Gewalt hätten zugenommen. Mit Blick auf den Herbst und mögliche neue Virusvarianten forderte Reinhardt: „Wir müssen Strategien entwickeln, um Kitas und Schulen offenzuhalten und den Heranwachsenden auf diese Weise ein weitgehend normales Leben ermöglichen.“
Die Delegierten des Ärztetages forderten die Einrichtung eines Expertenrates, um konkrete Maßnahmen für die Bundes- und Landesebene zu entwickeln. Kinder- und Jugendmedizin sowie Kinder- und Jugendpsychiatrie und -psychotherapie seien dabei zwingend einzubeziehen. Reinhardt gab Beispiele, um bei Entwicklungs- und Bildungsdefiziten genauso wie bei psychischen Erkrankungen gegenzusteuern. So nannte er Förderunterricht, „der jeden erreichen kann“ und Aktionen zur Unterstützung des sozialen Miteinanders etwa in Sportvereinen.
Die psychosozialen Auswirkungen der Pandemie auf Kinder und Jugendliche gehörten zu den Schwerpunktthemen des Deutschen Ärztetages in Bremen, der am Dienstag begonnen hatte und am Freitag endete. Der Ärztetag wird auch als „Parlament der Ärzteschaft“ bezeichnet. Die 17 deutschen Ärztekammern entsenden dazu insgesamt 250 Abgeordnete.