Köln (epd). Der Intensivmediziner Markus Wehler hält auch bei knappen medizinischen Ressourcen einen Behandlungsabbruch bei Patienten für unvorstellbar. Die sogenannte Ex-post-Triage „geht natürlich überhaupt nicht“, sagte Wehler am Donnerstag im Deutschlandfunk: „Das würde auch kein Notfall-, kein Intensivmediziner jemals machen, geschweige denn überhaupt darüber nachdenken“.
Egal, was ein Gesetz künftig regele, eine Ex-post-Triage sei überhaupt nicht praktikabel, betonte Wehler, der am Universitätsklinikum Augsburg die Notaufnahme leitet. Er schloss sich damit der Position von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) an, der in der Debatte um ein Triage-Gesetz den Abbruch von Behandlungen ebenfalls ausgeschlossen hatte.
Bei einer Ex-post-Triage würde beispielsweise einem Patienten das Beatmungsgerät entzogen, um einen anderen mit besseren Überlebensaussichten zu behandeln. Lauterbach sagte, diese Auswahl sei ethisch nicht vertretbar und weder Ärzten, Patienten noch Angehörigen zuzumuten.
In den Fraktionen der Ampel-Koalition gibt es unterschiedliche Positionen, wie die Zuteilung knapper Behandlungsressourcen für den Pandemie-Fall gesetzlich geregelt werden soll. Ein Entwurf für eine Triage-Regelung ist noch in der Ressortabstimmung. Das Bundesverfassungsgericht hatte Ende vergangenen Jahres den Gesetzgeber aufgefordert, eine gesetzliche Regelung für die Zuteilung medizinischer Ressourcen im Falle einer pandemiebedingten Knappheit zu schaffen, die Menschen mit Behinderungen nicht benachteiligt.
Aus Sicht des Intensivmediziners Wehler wird eine gesetzliche Regelung die „Grund-Dilemma-Situation einer jeden Triage“ nicht beseitigen. „Es gibt immer eine Ungerechtigkeit“, sagte er. „Wenn es genug Ressourcen gäbe, würde man natürlich alle adäquat behandeln, keine Frage“, betonte er.