Brüssel (epd). Die EU-Kommission hat einen Gesetzentwurf zum Kampf gegen Kindesmissbrauch im Internet vorgestellt. Dieser würde Internetfirmen in Verdachtsfällen zum Aufspüren von Kinderpornografie oder der Anbahnung sexueller Kontakte durch Erwachsene (Grooming) verpflichten, wie die Kommission am Mittwoch in Brüssel erklärte. Zudem würde ein neues EU-Zentrum geschaffen, das die Durchsetzung der Regeln unterstützen soll.
Im vergangenen Jahr seien 85 Millionen Bilder und Videos mit Missbrauchsdarstellungen auf der Welt gemeldet worden, so die Kommission, hinzu komme die Dunkelziffer. Das aktuelle System baue dabei auf freiwillige Meldungen durch Internetdienstleister und habe sich als ungenügend erwiesen. Daher sollten diese in bestimmten Fällen zum Aufspüren verpflichtet werden.
Zunächst müssten die Firmen das Risiko der illegalen Dateien und Handlungen über ihre Dienste evaluieren und Gegenmaßnahmen treffen. Nationale Behörden würden wiederum die Evaluierung und Maßnahmen prüfen, hieß es.
Nur bei „signifikantem Risiko“ und unter Berücksichtigung der Rechte aller Beteiligten könnten die Behörden Anordnungen zum Aufspüren erwägen. Zunächst müsse demnach die Firma konsultiert werden, danach könne eine weitere, unabhängige Behörde oder ein Gericht die Anordnung erlassen.
Das EU-Zentrum würde Indikatoren entwickeln, um illegales Material zu identifizieren. Zudem würde es Meldungen von Funden auf Fehler prüfen und die Funde gegebenenfalls an Europol und die Strafverfolgungsbehörden weiterleiten. Der Entwurf geht nun an den Rat der EU und das Europaparlament.
Der Europaabgeordnete Patrick Breyer (Piratenpartei, Grünen-Fraktion) hatte bereits im Vorfeld vor dem Plan gewarnt. Es handele sich um einen „Ausspäh-Angriff auf unsere Privatnachrichten und Fotos durch fehleranfällige Algorithmen“, erklärte der Jurist, der auch die erhoffte Wirkung bezweifelt: „Organisierte Kinderporno-Ringe benutzen keine E-Mails oder Messengerdienste, sondern Darknetforen.“