Genf (epd). Eine Ermittlerkommission der UN hat in der Ukraine Berichte über mögliche Kriegsverbrechen russischer Truppen gesammelt. Menschen in dem angegriffenen Land berichteten von getöteten, verletzten, inhaftierten und verschwundenen Verwandten, Nachbarn und Freunden, erklärte Matilda Bogner, Leiterin der UN-Mission zur Beobachtung der Menschenrechte in der Ukraine, am Dienstag in Genf.
Allein in dem Ort Butscha bei Kiew seien laut Berichten womöglich mehr als 300 Zivilisten willkürlich getötet worden, hielt Bogner fest. Anfang April hatten Bilder von getöteten Menschen auf den Straßen des Ortes nach dem Abzug russischer Truppen für weltweites Entsetzen gesorgt.
Die Leiterin der Kommission hielt fest, dass seit Beginn des russischen Einmarschs am 24. Februar 3.381 getötete Zivilisten registriert worden seien. Zudem seien 3.680 verletzte Zivilisten erfasst worden. Die tatsächliche Zahl der Opfer liege jedoch weitaus höher.
Russische Soldaten verübten laut Augenzeugen auch sexuelle Gewalt. Opfer seien Frauen und Mädchen, aber auch Männer und Jungen. Zudem seien Wohnhäuser und andere zivile Objekte beschädigt oder zerstört worden. In der gesamten Ukraine seien mindestens 50 christliche, jüdische und muslimische Gotteshäuser infolge der Feindseligkeiten beschädigt worden, hielt Bogner fest. Mehr als die Hälfte der Gebäude könnten nicht mehr genutzt werden.
Die Kommission stelle mit Besorgnis fest, dass Streitkräfte beider Seiten in vielen Gebieten Schulen als Stützpunkte nutzten und schweres militärisches Gerät in der Nähe der Lehreinrichtungen installierten.
Die UN-Ermittler wollen später im Jahr einen Bericht über die Gräuel in der Ukraine veröffentlichen. Die UN setzten die Kommission nach der Annexion der ukrainischen Krim durch Russland 2014 ein.