Brüssel (epd). Deutschland will den Betroffenen des syrischen Bürgerkriegs mit einer neuen Milliardenhilfe zur Seite stehen. Der Staatsminister im Auswärtigen Amt Tobias Lindner (Grüne) sagte am Dienstag bei einer Geberkonferenz in Brüssel 1,053 Milliarden Euro für humanitäre Hilfe, Entwicklung und Stabilisierung zu. Das Geld soll Menschen in Syrien sowie Flüchtlingen und ihren Aufnahmeländern in der Region zugutekommen.
In dem 2011 begonnenen Konflikt seien 500.000 Menschen ums Leben gekommen, über 15 Millionen Syrerinnen und Syrer seien auf humanitäre Hilfe angewiesen, erklärte Lindner. Zuvorderst brauche es eine politische Lösung des Krieges, daher unterstütze Deutschland die Bemühungen des UN-Sondergesandten Geir Pedersen.
Die Unterstützung sei dringend nötig, erklärte das Entwicklungsministerium im Berlin, aus dessen Etat 623 Millionen Euro der Summe stammen. Denn: „Die ohnehin große Not wird derzeit weiter verschärft durch steigende Weizenpreise infolge des Kriegs in der Kornkammer Ukraine.“ Die Mittel verteilen sich auf mehrere Jahre. Weitere Zusagen würden geplant und sollten nach Verabschiedung des Bundeshaushalts für 2022 bereitgestellt werden, so das Ministerium.
Auch die Europäische Union machte eine neue Zusage. Der Außenbeauftragte Josep Borrell kündigte allein für 2022 eine weitere Milliarde Euro an, die zu bereits versprochenen 560 Millionen Euro für das laufende Jahr hinzukomme. Für 2023 sagte er nochmals 1,56 Milliarden Euro zu.
Borrell forderte die Teilnehmer der von der EU ausgerichteten Konferenz auf, ebenfalls großzügig zu sein. Die Gesamtsumme sollte gegen Abend bekannt gegeben werden.
Syrien und das Leiden seines Volkes seien vielleicht nicht mehr im Zentrum der Nachrichten, nach elf Jahren könne sich eine gewisse Ermüdung eingestellt habe, so Borrell. „Aber es bleibt in unserem Denken.“ 90 Prozent der Menschen in Syrien lebten in Armut, viele wüssten nicht, wo sie ihre nächste Mahlzeit herbekommen sollten.
Zugleich wandte sich Borrell dagegen, in dem bürgerkriegszerstörten Land einen Wiederaufbau mitzufinanzieren. „Wir werden das nicht tun, bis ein echter und umfassender politischer Übergang in Syrien unterwegs sein wird.“ Auch eine Normalisierung der Beziehungen mit dem Regime von Baschar al-Assad schloss Borrell vorerst aus. Dafür müsse dieses seinen Kurs „grundlegend ändern“ und sich am politischen Prozess wahrhaft beteiligen.
Die sechste Geberkonferenz für Syrien und die Region hatte am Montag begonnen und sollte am Dienstagabend enden. Borrell zufolge nahmen neben den EU-Mitgliedstaaten 55 Länder und 22 internationale Organisationen teil. Russland war nicht eingeladen. Vor diesem Hintergrund fungierten die Vereinten Nationen laut Borrell nicht wie bei den früheren Konferenzen als Ko-Gastgeber neben der EU, waren aber auf hoher Ebene vertreten.