Scholz: Unterstützung der Ukraine ist Vermächtnis des 8. Mai

Scholz: Unterstützung der Ukraine ist Vermächtnis des 8. Mai
Angesichts des Ukraine-Kriegs erinnerten die deutschen Staatsspitzen am Jahrestag der Befreiung vom Nationalsozialismus an das "Nie wieder" als Lehre aus dem 8. Mai 1945. Kanzler Scholz leitet daraus die Pflicht zur Unterstützung der Ukraine ab.

Berlin (epd). Am Jahrestag der deutschen Kapitulation im Zweiten Weltkrieg hat Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) die Unterstützung der Ukraine gegen den russischen Angriff mit der historischen Verantwortung Deutschlands begründet. „Aus der katastrophalen Geschichte unseres Landes zwischen 1933 und 1945 haben wir eine zentrale Lehre gezogen. Sie lautet: ,Nie wieder!'“, sagte Scholz laut Redemanuskript in einer Ansprache, die am Sonntag in mehreren TV-Sendern ausgestrahlt wurde. In der gegenwärtigen Lage könne dies nur bedeuten: „Wir verteidigen Recht und Freiheit - an der Seite der Angegriffenen.“

Freiheit und Sicherheit würden siegen, so wie Freiheit und Sicherheit vor 77 Jahren über Unfreiheit, Gewalt und Diktatur triumphiert haben, sagte der Regierungschef mit Verweis auf das Ende des Zweiten Weltkriegs am 8. Mai 1945. Putin werde den Krieg nicht gewinnen, die Ukraine werde bestehen, sagte Scholz. Dazu nach Kräften beizutragen, bedeute heute „Nie wieder“. „Darin liegt das Vermächtnis des 8. Mai“, betonte er.

Der Bundeskanzler erinnerte daran, dass Russen und Ukrainer im Zweiten Weltkrieg gemeinsam kämpften, um den Nationalsozialismus niederzuringen. Nun jedoch wolle Russlands Präsident Wladimir Putin die Ukraine unterwerfen, „ihre Kultur und ihre Identität vernichten“. Dass Putin dies selbst mit dem Kampf gegen die Nazis vergleicht, nannte Scholz „geschichtsverfälschend und infam“. „Für mich ist dies ein 8. Mai wie kein anderer“, sagte Scholz.

Auch andere Vertreter des Staates zogen am Jahrestag der Befreiung vom Nationalsozialismus eine Linie von den damaligen zu den heutigen Geschehnissen. Eine Lehre des 8. Mai 1945 sei, „dass wir Europäer uns nicht noch einmal auseinandertreiben lassen durch aggressiven Nationalismus und Völkerhass“, sagte Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier bei der Eröffnung des Bundeskongresses des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB) am Sonntag in Berlin. Aus voller Überzeugung und mit ganzem Herzen stehe Deutschland an der Seite der Ukraine.

Den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine nannte Steinmeier einen „Epochenbruch“. Der Traum des gemeinsamen europäischen Hauses sei gescheitert und ein Albtraum an seine Stelle getreten. „Dieser 8. Mai ist ein Tag des Krieges“, sagte das deutsche Staatsoberhaupt. Russlands Präsident Putin zerstöre damit „endgültig die Grundlage der europäischen Friedensordnung“.

Bundestagspräsidentin Bärbel Bas (SPD) besuchte am Sonntag Kiew und legte in Babyn Jar, wo die Nazis im Jahr 1941 eines der größten Massaker an Juden verübten, am Grabmal des Unbekannten Soldaten einen Kranz nieder. Der Friede in Freiheit sei das kostbarste Gut, sagte sie. Umso mehr erfülle sie der brutale Angriffskrieg, dem sich die Ukraine heute ausgesetzt sehe, mit Entsetzen.

In seiner TV-Ansprache ging Scholz auch auf die Sorge ein, der Krieg Russlands gegen die Ukraine könne sich auf andere Länder ausweiten. „Es wäre falsch, das einfach abzutun. Solche Sorgen müssen ausgesprochen werden können“, sagte er. Gleichzeitig gelte, dass Angst nicht lähmen dürfe. Dabei wiederholte der Bundeskanzler auch den Grundsatz, dass es keine Entscheidungen geben werde, welche die Nato selbst zur Kriegspartei machen würden. „Dass es keinen Weltkrieg mehr geben soll - erst recht keinen zwischen Nuklearmächten - auch das ist eine Lehre des 8. Mai“, sagte er.