Ramelow sieht Friedensbewegung vor neuen Herausforderungen

Ramelow sieht Friedensbewegung vor neuen Herausforderungen
07.05.2022
epd
epd-Gespräch: Matthias Thüsing

Erfurt (epd). Der Krieg in der Ukraine stellt die Friedensbewegung in Deutschland nach Auffassung von Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) vor neue Herausforderungen. Im Gegensatz zu den Anfängen der Friedensbewegung in den 80er Jahren sei die Gesellschaft heute mit einem Angriffskrieg konfrontiert, sagte Ramelow dem Evangelischen Pressedienst (epd) in Erfurt. Sie müsse daher eine Antwort auf die Frage finden, wie mit dieser aggressiven kriegerischen Situation umzugehen sei.

Ramelow betonte, dass das Ziel von Abrüstung grundsätzlich richtig bleibe. Vor 40 Jahren hätten sich zwei hochgerüstete Machtblöcke in der Welt gegenübergestanden. Der Slogan „Frieden schaffen ohne Waffen“ sei richtig gewesen. Der Hintergrund damals sei jedoch ein anderer gewesen. „Damals gab es keinen Krieg“, sagte Ramelow: „Jetzt ist die Situation anders.“

Ramelow sagte weiter, gerade die Friedensbewegung in der DDR habe viel erreicht: „Wir können dem lieben Gott danken, den Menschen in der DDR und den Friedensgottesdiensten von 1989/90, dass die Menschen damals den Mut hatten, sich trotz ihrer Angst als einzelne Personen einer Staatsmacht entgegenzustellen und dass es darauf keine bewaffnete Antwort gegeben hat.“

Ramelow sieht sich weiter als Teil der Friedensbewegung, aber räumt der Ukraine das Recht auf Selbstverteidigung ein. Seine Forderung nach Militärhilfe für die Ukraine sei für ihn keine leichte Entscheidung, sagte er: „Wir müssen den Krieg überwinden, nicht nur militärisch.“

So gibt es für Ramelow abseits der militärischen Optionen noch einiges, was Deutschland gegen den Krieg unternehmen müsse. „Für mich gehört etwa dazu, den ganzen Oligarchen den Geldhahn abzudrehen“, sagte der Linken-Politiker. Deutschland müsse die betreffenden russischen Vermögen konfiszieren.

Außerdem spricht sich Thüringens Ministerpräsident dafür aus, Teile der Energiewirtschaft in Deutschland, die heute noch in der Hand russischer Eigentümer seien, unter die Kontrolle des deutschen Staates zu nehmen. „Wir müssen Russland die Finanzierung des Kriegs aus diesen Quellen unmöglich machen“, sagte Ramelow: „Hier muss Deutschland endlich handeln.“

Zugleich forderte Ramelow, die Bundesregierung müsse gesetzliche Regelungen auf den Weg bringen, Vermögen aus unklaren Quellen zu beschlagnahmen. Im Augenblick reiche es aus, Firmen in Steuerparadiesen registrieren zu lassen oder Aktienpakete auf die Ehefrau umzuschreiben, um sich den Russland-Sanktionen zu entziehen, sagte er. Belgien und Italien seien hier viel weiter.