Berlin (epd). Die Zahl der nach Deutschland gekommenen Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine ist höher als bislang angenommen. Wie das Bundesinnenministerium am Donnerstag bestätigte, wurden bis Ende April rund 610.103 Menschen im Ausländerzentralregister erfasst, mehr als 98 Prozent von ihnen hatten einen ukrainischen Pass. Zuerst hatten die Zeitungen der Funke Mediengruppe (Donnerstag) darüber berichtet. Bislang nannte das Ministerium die Zahl der von der Bundespolizei erfassten Menschen als Indiz für die Fluchtbewegung aus der Ukraine. Dies sind derzeit rund 400.000.
Beide Zahlen weisen allerdings Lücken auf. Da es keine regulären Grenzkontrollen gibt, erfasst die Bundespolizei nicht alle Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine. Das Ausländerzentralregister gibt wiederum keine oder erst verzögert Auskunft darüber, wenn registrierte Menschen Deutschland wieder verlassen haben. „Hiervon kann eine erhebliche Zahl bereits in andere EU-Staaten weitergereist und auch in die Ukraine zurückgekehrt sein“, erläuterte ein Sprecher des Innenministeriums.
Ein präzises Bild über die Menschen, die vor dem russischen Angriff auf die Ukraine fliehen, wird es demnach erst durch den Bezug staatlicher Leistungen sowie den Besuch von Schulen oder Integrationskursen geben. Menschen mit ukrainischem Pass können visumfrei in der EU reisen und sich dort 90 Tage aufhalten, bevor sie sich registrieren müssen.
Die nun vorgenommene Sonderauswertung des Ausländerzentralregisters bestätigt zudem den Eindruck davon, wer aus der Ukraine kommt: 81 Prozent der erwachsenen Flüchtlinge sind den Angaben zufolge Frauen. Fast 40 Prozent der Vertriebenen sind Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren, davon der größte Teil im Grundschulalter. Rund sieben Prozent der Flüchtlinge sind über 64 Jahre alt.
Seit Beginn des russischen Angriffskriegs haben nach Angaben des UN-Flüchtlingshilfswerks UNHCR mehr als 5,7 Millionen Menschen die Ukraine verlassen. Die meisten - mehr als 3,1 Millionen Menschen - flohen nach Polen. Rumänien hat den Angaben zufolge mehr als 850.000 Kriegsflüchtlinge aufgenommen, Ungarn rund 545.000, Moldau 450.000. Mehr als 700.000 Flüchtlinge aus der Ukraine sind nach Angaben des UNHCR in Russland.