Berlin, Paris (epd). Der französische Präsident Emmanuel Macron wirbt dafür, weiter mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin zu sprechen. „Wir müssen an dem Dialog mit Russland festhalten - selbst wenn es sehr hart und manchmal auch ineffizient ist“, sagte er den Zeitungen der Funke Mediengruppe, der französischen Zeitung „Ouest France“ und der italienischen Zeitung „Corriere della Sera“ (Freitag). „Ich habe Putin in der Vergangenheit jedes Mal kontaktiert, wenn der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyi mich dazu aufgefordert hat.“ Selenskyj wolle das ausdrücklich. „Hier ist unsere Rolle nützlich“, betonte Macron. „Wir müssen den Frieden vorbereiten.“
„Aber jeder von uns hat seit den Bildern von Butscha nicht mehr zum Telefonhörer gegriffen. Wir waren alle fassungslos und niedergeschmettert“, erklärte Macron. Zudem sei es hart zu erleben, wenn Fakten geleugnet werden: „Wenn Sie stundenlang mit Präsident Selenskyj reden oder mit Menschen, die den Schrecken des Krieges mit den ganzen Zerstörungen erlebt haben. Und ihnen sitzt dann jemand gegenüber, der alles leugnet, darüber lacht und von Inszenierungen spricht.“
Eines Tages werde es einen Waffenstillstand geben. „Es wird Garantiemächte geben - und wir gehören dazu“, betonte der französische Politiker. „Ich sage das mit allem Ernst und aller Zurückhaltung. Aber wenn wir aus Erschöpfung die Wahl treffen, nicht mit Putin zu reden, geben wir die Verantwortung ab.“ Europa stehe auf dem Spiel und die Europäer müssten am Tisch sitzen, um den Frieden in Europa aufzubauen.
„Angesichts der Kriegsverbrechen, die Russland begangen hat, der Art und Weise seiner Kriegsführung im Donbass und in Mariupol, der atomaren Provokationen Ende Februar muss man ganz klar sagen: Russland hat einen Willen zur Eskalation“, erklärte der französische Staatspräsident. Die Verantwortung liege nun darin, der Ukraine finanziell und militärisch zu helfen, Sanktionen zu verschärfen und den Druck auf Russland hoch zu halten.
„Wir haben zwei große Risiken der Eskalation“, betonte Macron. Die sogenannte vertikale Eskalation sei eine Änderung des Krieges hin zur Nutzung nicht konventioneller Waffen wie Chemiewaffen oder Nuklearraketen. Die horizontale Eskalation bedeute wiederum, dass verbündete Länder oder andere Mächte in den Krieg eingriffen. Europa müsse den Sanktionsdruck aufrechterhalten, aber auch weiter mit seinen Partnern am Persischen Golf, in Indien und China im Gespräch bleiben, erklärte er: „Es darf nicht sein, dass nur die USA und Europa Russland die Stirn bieten, und der Rest macht sich einen schlanken Fuß.“