Frankfurt a.M. (epd). Angesichts steigender Lebensmittelpreise braucht es laut dem Agrarexperten Francisco Mari ein grundsätzliches Umdenken bei der Welternährung. „Ärmere Länder müssen von Importen unabhängiger werden“, sagte der Referent für Welternährung und Agrarhandel von „Brot für die Welt“ dem Evangelischen Pressedienst (epd). „Bäuerinnen und Bauern in afrikanischen Ländern sollten jetzt zum Beispiel dabei unterstützt werden, Getreidesorten wie Hirse anzubauen, die dort wachsen.“ Die Europäische Union und die USA hätten in den vergangenen Jahrzehnten viele Entwicklungsländer durch den Export von subventioniertem Weizen „abhängig gemacht“, kritisierte Mari.
Die Ukraine und Russland waren nach Berechnungen der UN-Konferenz für Handel und Entwicklung (Unctad) zuletzt für knapp 30 Prozent der globalen Weizenexporte verantwortlich. Vor allem nordafrikanische Länder wie Libyen, Tunesien und Ägypten beziehen einen Großteil ihres Weizens aus der Region. Zuletzt waren die Preise für Weizen stark gestiegen. Mari warnte vor einer Verschärfung der Krise, wenn die Ernte im Herbst in der Ukraine ausfalle, weil jetzt nicht ausgesät werde.
Zwar sei Nothilfe für Länder wie den Libanon oder in Ostafrika nötig, sagte Mari. Aber das UN-Welternährungsprogramm müsse darüber hinaus Länder dabei unterstützen, bei der Versorgung autarker zu werden, etwa indem lokales Saatgut bereitgestellt wird. Das könne auch unmittelbar helfen, denn bei manchen Hirsesorten wie Fonio vergingen von der Aussaat bis zur Ernte drei Monate. Die aktuelle Krise biete auch eine Chance, denn Bäuerinnen und Bauern in afrikanischen Ländern müssten jetzt keine Angst haben, durch billige Weizen-Importe verdrängt zu werden. „Es gibt Alternativen“, sagte Mari. Auch wenn die Preise wieder sinken, sei es keine Lösung, bis zum nächsten Anstieg wieder Weizen zu importieren. „Die Länder müssen krisenfester werden.“
Seit dem russischen Angriff auf die Ukraine sind die Preise für Nahrungsmittel laut der UN-Landwirtschaftsorganisation FAO auf ein Rekordhoch gestiegen. „Wir beobachten eine Preiskrise, von der wir noch nicht wissen, ob sie noch schlimmer wird“, sagte Mari. Hauptverantwortlich seien die hohen Energiekosten, die vor allem den Anbau von Weizen teurer machten, weil die maschinelle Ernte und Verarbeitung viel Energie benötigten. Hinzu komme die Sorge vor Lieferausfällen aus Russland und der Ukraine. Auch Börsenspekulationen spielten eine Rolle, seien aber nicht maßgeblich für die Rekordpreise verantwortlich, sagte Mari.