Erfurt (epd). Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) hat rückblickend die „wichtige Rolle der Kirchen“ unmittelbar nach dem Amoklauf am Erfurter Gutenberg-Gymnasium vor 20 Jahren gewürdigt. „Jeden Abend in den Andachten habe ich erlebt, dass sie nicht nur für die direkt betroffenen Angehörigen von großer Bedeutung, sondern schlicht für die ganze Stadt unabdingbar waren“, sagte er in Erfurt. Geöffnete Kirchentüren hätten die Sicherheit geboten, um der Seele den nötigen Schutz zu geben.
Am 26. April 2002 hatte der 19-jährige ehemalige Schüler Robert Steinhäuser am Erfurter Gutenberg-Gymnasium 16 Menschen erschossen - elf Lehrer, eine Referendarin, eine Sekretärin, zwei Schüler und einen Polizeibeamten. Anschließend tötete er sich selbst.
Ramelow sagt, als sehr positiv habe er damals empfunden, dass viele Kirchen schon am 26. April abends geöffnet waren. Auch er habe das Angebot dankbar genutzt und sei in der gemeinsamen Andacht in der Andreaskirche gewesen.
Berührt habe ihn damals eine Szene, als die Jugendwallfahrt der katholischen Kirche zum Domberg in den Dom verlegt wurde. Dort habe Bischof Joachim Wanke demonstrativ auch eine 17. Kerze mit auf den Altar gestellt. „Ich merkte, wie schwer es vielen fiel, dass auch für den Täter eine Kerze der Trauer entzündet wurde“, sagte der evangelische Christ Ramelow. In diesem Gottesdienst habe der katholische Bischof eine Bemerkung gemacht, die die jungen Leute zum Lachen gebracht habe. „Ich merkte, wie wichtig es war, dass nach Wochen der Anspannung in Erfurt wieder gelacht wurde“, sagte der heutige Ministerpräsident.