Hannover (epd). Mehrere Tausend Menschen haben am Sonntag in Hannover mit einem blau-gelben Fahnenmeer gegen den Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine protestiert. Auf Anfrage des Evangelischen Pressedienstes (epd) sprach die Polizei sprach von mindestens 3.500 Teilnehmenden. Zeitgleich fuhren rund 350 Autos in einem von der Polizei begleiteten prorussischen Korso durch die niedersächsische Landeshauptstadt. Ihre Abfahrt hatte sich verzögert, da die Beamten die Befestigungen teils riesiger Flaggen bemängelt hatten. Verbotene Symbole wie das kriegsverherrlichende „Z“ seien nicht beobachtet worden.
Die prorussische Aktion stand unter dem Motto: „Gegen Volksverhetzung, Mobbing und Diskriminierung der russischen Bevölkerung“. Die Autos waren zum Teil mit Familien voll besetzt. Viele hatten eine russische Nationalflagge über die Motorhaube gebunden. Es habe eine Art Volksfeststimmung geherrscht, berichtete eine Beobachterin dem epd.
Der Autokorso musste auf seiner Tour zeitweilig durch ein Spalier ukrainischer Fahnen fahren. Gegendemonstranten schwenkten die blau-gelben Flaggen und hielten Schilder in deutscher, russischer und ukrainischer Sprache hoch. Auf ihnen war unter anderem zu lesen: „Russen, Putin ist auch euer Feind!“, daneben ein durchgestrichen „Z“. Auf Panzern und Uniformen der Russen im Ukraine-Krieg ist häufig ein weißes „Z“ zu sehen. Medienberichten zufolge steht es offenbar für „Za Pobedu“ - „Für den Sieg“.
Das niedersächsische Innenministerium hatte zuvor mitgeteilt, dass neben dem bereits als strafbar eingestuften Zeigen des Buchstabens „Z“ auch Formen der Meinungskundgabe unzulässig seien, mit denen massiv und eindrücklich die Zugehörigkeit zur russischen Nation zur Schau gestellt werde. Auch Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) hatte in der „Welt am Sonntag“ in Berlin ein konsequentes Einschreiten der Polizei bei prorussischen Autokorso gefordert.
Die Anti-Kriegs-Demonstranten versammelten sich auf dem Platz zwischen der Ruine der im Zweiten Weltkrieg zerstörten Aegidienkirche und dem Rathaus. Stellvertretend für die Stadtgesellschaft hatte der Freundeskreis Hannover dazu aufgerufen. „Hannover zeigt Haltung für eine sofortige Beendigung des Krieges“, sagte der Vorsitzende des Freundeskreises, Matthias Görn. Die Bürgermeisterin Monica Plate (Grüne) sagte mit Blick auf die Menschenmenge und in Anspielung auf den Autokorso: „Das hier ist Hannover, nicht das, was auf den Straßen fahren wird.“ Sie appellierte an die Menschen, niemanden mit russischer Muttersprache anzufeinden.
In Lübeck unterbrach die Polizei unterdessen am Samstagabend einen prorussischen Autokorso. Das Verhalten aus den Fahrzeugen heraus sei von Versammlungsbehörde und Polizei nicht toleriert worden, teilte die Polizei am Sonntag in Lübeck mit. Etwa 60 Fahrzeuge hatten den Angaben zufolge an dem angemeldeten Autokorso durch den Stadtteil St. Lorenz teilgenommen.