Gescheiterte Impfpflicht: Deutliche Kritik an Bundestag-Entscheidung

Gescheiterte Impfpflicht: Deutliche Kritik an Bundestag-Entscheidung
Die Corona-Impfpflicht ab 60 Jahren ist seit Donnerstag vom Tisch. Kritiker werfen der Bundesregierung Versagen vor. Ärzte warnen vor allem vor gravierenden Folgen für Kinder und Jugendliche.

Frankfurt a.M. (epd). Nach dem Scheitern der Corona-Impfpflicht im Bundestag am Donnerstag hat es Kritik von Politik und Verbänden an der Entscheidung gegeben. Der Ministerpräsident von Baden-Württemberg, Winfried Kretschmann (Grüne), kritisierte im Berliner „Tagesspiegel“ (Sonntag) die Bundesregierung um Kanzler Olaf Scholz (SPD). Der Ministerpräsident von Nordrhein-Westfalen, Hendrik Wüst (CDU) sagte beim Talk „RND vor Ort“ von RedaktionsNetzwerk Deutschland und „Kölner Stadt-Anzeiger“ am Freitag in Köln, dass er dies „ein falsches Ergebnis“ finde. Derweil hat sich einer Umfrage zufolge eine Mehrheit der Deutschen eine Corona-Impfpflicht ab 60 Jahren gewünscht.

Kretschmann sagte dem „Tagesspiegel“, dass es „ganz offensichtlich“ der Bundesregierung an Führung gefehlt hätte, die Impfpflicht durchzusetzen. Der Grünen-Politiker hatte laut Zeitung gemeinsam mit Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) bereits im November auf die Einführung einer Impfpflicht gedrängt. Am Donnerstag war im Bundestag die Corona-Impfpflicht ab 60 Jahren gescheitert.

Einer Umfrage zufolge bewerten insgesamt 57 Prozent der Befragten die Entscheidung des Bundestags am Donnerstag gegen eine allgemeine Impfpflicht als falsch, wie aus einer repräsentativen Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Civey im Auftrag der „Augsburger Allgemeinen“ (Montag) hervorgeht. 46 Prozent halten es für „eindeutig falsch“, dass es vorerst keine Impfpflicht ab 60 geben wird, 11 Prozent für „eher falsch“.

Der Sprecher des Berufsverbands der Kinder- und Jugendärzte, Jakob Maske, sagte dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND, Samstag), dass die nächste Corona-Welle im Herbst vor allem die ungeimpften Erwachsenen beträfen, die sich eigentlich um den eigenen Schutz kümmern könnten, sagte Maske. Vor allem Kinder und Jugendliche hätten dann unter den Schließungen von Kitas und Schulen zu leiden. Die Erfahrung der vergangenen zwei Jahre zeige, „dass wir dadurch noch mehr adipöse Kinder sehen werden, noch mehr psychiatrische Erkrankungen und noch mehr häusliche Gewalt“, warnte Maske. Das sei „ein politisches Armutszeugnis“.

Bis Samstag waren mindestens 63,3 Millionen Personen grundimmunisiert, das entspricht 76,0 Prozent der Gesamtbevölkerung. Mindestens 49,0 Millionen Personen (59,0? Prozent) haben zusätzlich eine dritte Auffrischungsimpfung erhalten.

Das Robert Koch-Institut meldete am Sonntag 55.471 Corona-Infektionen innerhalb eines Tages. Die Zahl der Neuinfektionen pro 100.000 Einwohnern binnen einer Woche geht weiter zurück und ist auf 1097,9. Am Sonntag wurden zudem 36 neue Todesfälle gemeldet. In Deutschland sind über 131.500 Menschen seit Beginn der Pandemie im Zusammenhang mit dem Virus gestorben.